Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.


Bauarbeitermittagspause

∞  20 November 2014, 15:32

Kurzeinkauf über Mittag beim nahen Denner. Vor mir haben an der Kasse die Bauarbeiter der nahen Baustelle ihre Packen Brote und Fertigprodukte in der Hand. Und dann gehen sie vor mir her, die Köpfe in die Krägen der Fleece-Jacken gezogen, zu den Autos am Strassenrand, und einer nach dem andern verschwindet in den Fahrerständen und schlägt die Türen zu. Man bläst sich in die Handflächen und klamme Hände werden nun die Esswaren auspacken und auf den Ablageflächen unter der Frontscheibe auslegen. So sieht Mittagspause tausendfach für Handwerker und vor allem Bauarbeiter aus.

Ich stelle mir vor, wie sich meine Knochen anfühlen würden, wenn ich die letzten dreissig Jahre nicht nur bei Wind und Wetter draussen hätte körperlich arbeiten müssen… Und diese Art Mittagspause, mit der man sich ja auch nicht den bescheidenen Lohn vom Brot essen will, macht den Job auch nicht gerade attraktiver.

Darum: Ein Kompliment den älteren Männern unter den orangen oder gelben Schutzhelmen – sie leisten sehr viel und müssen eine grobe Härte gegen sich selbst mitbringen.

Aschgrau ist das mit uns

∞  11 November 2014, 22:00

In Bremen soll der Friedhofszwang aufgehoben werden. Das würde bedeuten, dass man die Asche seiner liebsten Verstorbenen auch im eigenen Garten verstreuen kann. Zum Beispiel. Die taz fragt mit vollen Ernst: Ist das menschenunwürdig?

Wir sanktionieren Organspenden als so wünschenswert, dass wir die gar die Erklärungslast umzukehren bereit sind, dass also ausdrücklich deklarien soll, wer seine Organe als Hirn(un)toter nicht spenden will. Wir nehmen stillschweigend in Kauf, dass na Friedhofsgräber bei Erdbestattungen nach zwanzig Jahren aufgehoben werden und an gleicher Stelle ein anderer Leichnam verscharrt wird – aber wir fragen allen Ernstes, ob es human sei, die Asche eines Kremierten im eigenen Garten oder wo auch immer zu verstreuen?

Wir haben einfach ein Rad ab.

Der Sonnenkönig und der Maestro

∞  27 Oktober 2014, 20:29

Kein Lebenswerk währt ewig – schon gar nicht, wenn patronale Sentimentalitäten im Weg stehen…

Die Swissindoors sind einer der grössten Sportanlässe der Schweiz – und sollen das drittbedeutendste Hallenturnier der ATP-Saison sein. Damit sind dann nicht die ATP-Punkte, die es zu gewinnen gibt, gemeint, sondern Umsatz und Auslastung des Turniers.

In jeden Fall ist es schon eindrücklich, was unter der Ägide von Roger Brennwald in 44 Jahren entstanden ist. Ich habe das Turnier selbst mehrmals besucht, mit besonderer Vorliebe am Freitag: Acht im Turnier verbliebene Cracks – das garantiert vielfältige Tenniskost auf höchstem Niveau. Meine Prioritäten liegen dabei beim Tennis selbst, das heisst, ich verpasse kaum eine Minute Sport. Das halten nicht nur die Gäste in den VIP-Logen anders: Über weite Teile des Nachmittags sind viele Plätze im Rund leer. Die Stimmung ist nicht schlecht, aber über weite Strecken doch ein wenig lau. Flaniert man doch mal in den Gängen, so fallen mir nicht nur die im Scheinwerfer strahlenden Produkte und Cüpli-Gläser auf – sondern auch so manche nur notdürftig verdeckte Rohbeton-Mauer: Die St. Jakobs-Halle ist nicht mehr ganz neu, und es sind umfangreiche Sanierungsarbeiten notwendig. Zurück in der Halle: Einmal an diesem Tag wird es wirklich stimmungvoll. Und der Unterschied ist verblüffend gross: Wenn jeder Platz besetzt ist und alle gespannt auf den Auftritt des Einen warten. Um acht Uhr abends ist die Partie von Roger Federer angesagt, und dann interessieren sich wirklich alle für Tennis. Die Atmosphäre wird knisternd, Federer ist auch in Basel ein Garant für hohes Niveau. Und die Geschichte dieses Turniers ist mit Federer noch mehr verknüpft als alle andern. Sechs Turniersiege, elf (!) Finalteilnahmen. Unvorstellbar, dass das Turnier ohne ihn diese Bedeutung hätte – und bestimmt wird er dafür auch bezahlt. Wurde er entsprechend honoriert. Denn seit zwei Jahren gefrieren die Minen, wenn sich Brennwald und Federer was zu sagen haben müssen. Roger Brennwald liebt sein Lebenswerk so sehr, dass das ein grosses Problem werden kann. Der Macher IST die Swiss Indoors. Wenigstens nach seinem Duktus. Er kann ja auch Fakten vorweisen. Doch dabei geht vergessen, dass jede Erfolgsgeschichte von heute nicht zwingend eine Fortsetzung findet. Und die Swiss Indoors brauchen Geld. Viel Geld. Neben dem noch offenen politischen Sukkurs sind die Pläne für die Hallensanierung längst nicht garantiert – und woher sollen sie kommen, diese Mittel? Als vor zwei Jahren Federers Management den Vertrag mit Brennwald neu verhandeln wollte, muss das Brennwald in den falschen Hals geraten sein. Denn Federer spielt (auch) nicht nur in Basel, weil er hier praktisch vor der Haustür wohnen kann. Brennwald stellte sich stur, engagierte Nadal als Aushängeschild und wurde von diesem letztes Jahr prompt versetzt. Das Kalkül, dass Federer sein Heimturnier schon nicht auslassen würde, ging zwar auf, aber Brennwald muss in Kauf nehmen, dass seine ungelöste Management-Aufgabe immer lauter in den Medien diskutiert wird. Aber geht es wirklich nur um die Gage für Federer? Es muss vermutet werden, dass dahinter etwas ganz anderes steht:

Die Probleme sind nämlich ziemlich genau so alt wie der Zeitpunkt, zu dem Federer mal laut darüber nachdachte, dass er mit seinem Management die Swiss Indoors einmal übernehmen und damit die Finanzierung sicherstellen könnte – und damit auch die Suche nach einem Titelsponsor leichter fallen könnte: Federer spielt vielleicht noch zwei, drei Jahre, danach wird das Turnier extrem hart in die Eisen oder aufs Gaspedal steigen müssen, um seine Bedeutung und die Finanzierung aufrecht erhalten zu können. Brennwald scheint das Vorpreschen von Federer so in den falschen Hals bekommen zu haben, dass er mit der Empfindlichkeit des Sonnenkönigs den Niedergang seines Lebenswerks riskiert – während er die Lösung vor der Nase hat und nun auch noch zusehen kann, wie dieser seinen dritten Frühling zelebriert und drauf und dran ist, erneut die Nummer 1 im Ranking zu werden.

Peinlich, wie säuerlich Brennwalds Worte an der Siegerehrung rüber kamen, und tragisch, was hier auf Grund persönlicher Befindlichkeiten riskiert wird.

Es ist dies ein öffentlich vorgetragenes Beispiel für die so oft nicht funktionierende grösste aller Lebensaufgaben: Das Erschaffene in neue Hände geben zu können und sich wirklich zurück zu ziehen. Zu erkennen, wann neue Kräfte neue Herausforderungen stemmen sollen, das ist für jeden Patron die schwerste aller Aufgaben. Wer es hin bekommt, ist wirklich gross. Das gilt für den Metzgermeister in ihrem Dorf genau so, wie es auch für Roger Brennwald gelten könnte.

Er versucht es jetzt mit der Agentur Ringier Infront. Vielleicht ist der Weg erfolgreich. Weil die Agentur eines hin bekommen sollte: Das neue Gespräch mit neuen Gesichtern mit Federer und dessen Management. Vielleicht. Das Turnier ist auf jeden Fall darauf angewiesen, dass Federer am Ende sein Herz sprechen lässt – und nicht den gleichen Hochmut in den Vordergrund schiebt, der ihm entgegen gebracht wird:

Im Jahr, in dem die Schweiz mit Federer und Wawrinka zwei Top-5-Tennisspieler besitzt, prangt auf dem Plakat des einzigen Schweizer Tennisturniers von Bedeutung das Konterfei von … Nadal. Im Grunde sagt das schon alles.

Mann mit Zyklus?

∞  21 Oktober 2014, 22:32

Ob ein glücklicher Tag oder ein bestimmtes Ereignis, das meine Fitness voraussetzt, gut ausgeht – wer hat da nicht schon von seinem möglicherweise erst abzugleichenden Biorhythmus geflachst? Seit den Achtzigerjahren ist der Ausdruck Teil des allgemeinen Sprachgebrauchs geworden. Darin steckt meist Spass, zumal die These, dass wir körperlich, emotional und geistig in unterschiedlich langen Zyklen von Geburt an festgeschriebene und also berechenbare Ups und Downs haben, sich in keiner Weise empirisch je hat belegen lassen. Eine Spielerei also – und doch ist der Flachs eine Art Synonym für eine Beobachtung, die auch Männer machen können:

Denen ist der Zyklus der Frau zwar auf Ewigkeit ein Mysterium, und sie glauben sich in der Rolle jenes Parts der Menschheit, der schwankungsfrei zielsicher linear durch das Wellental der Tage zu schreiten vermag, während die Frau einmal pro Monat Kopfschmerzen hat und missmutig wird, Zeitdauer schwankend. Darüber spasst dann wieder der im Grunde Unverständige, der übrigens zu jener Spezies gehört, der, müsste er sich mit dem gleichen biologischen Phänomen herumschlagen, darüber vor Achs und Wehs gar nicht mehr in die Gänge käme. Männer leiden lauter als Frauen, und viel schneller. Darum gebären sie Gott sei Dank auch keine Kinder.

Je älter ich aber werde, um so häufiger stelle ich an mir selber fest, dass ich wahrscheinlich sehr wohl genau so einen Zyklus habe wie Frauen. Er ist nur nicht so ausgeprägt und darum auch nicht voraussehbar, und sei es nur, weil ich viel zu wenig sensibel mit mir selber umgehe. Vielleicht reagiere ich auch nur auf den Mond, so wie es die Pflanzen tun und meine Haare und Fingernägel, die bei abnehmendem Mond viel weniger schnell wachsen als umgekehrt.

Nun, wenn das zunehmende Alter dazu führt, dass ich besser auf mich acht gebe und ich sensibler für solche Vorgänge werde, gewinne ich ja tendenziell Sinnesfreude hinzu, denn es ist doch schön, Freude, Müdigkeit, Energie und Erschöpfung bewusster zu spüren – und vor allem in den Körper hinein horchen zu können, um ein wenig voraus zu sehen, was er und ich gerade brauchen.

Die Helfer aus dem Wald

∞  16 Oktober 2014, 20:34

Kastanienwälder – im Tessin immer wieder Anziehungspunkt für Sammleraktivitäten im Herbst. Eine wunderbare Gelegenheit, das Sammeln von Kastanien mit einem schönen Waldspaziergang zu verbinden. Aber auch in Frankreich gibt es sie, die Kastanienwälder. Man muss vielleicht ein wenig mehr suchen, oder eben die stoischen, aber sehr netten Einwohner im Aveyron fragen, wo es denn lang geht. Eine träge Handbewegung und eine gegrummelte Kürzesterklärung, und schon sind wir auf der richtigen Fährte. Und man will ja als Tourist nicht negativ auffallen, also parkiere ich mein Auto sehr knapp am Wegrand und also nicht vor einer steilen Waldstrasse, über die kaum ein Auto, auf jeden Fall nicht meines, gelangen könnte, aber man weiss ja nie. Ich setze zurück, und das Auto steht dann auch nicht mehr auf der Strasse, hat aber doch ziemliche Schieflage…

Egal, wir gehen mal auf Kastanienjagd und kommen später mit über 4 kg Ertrag zum Auto zurück. An uns vorbei klappert ein Kleinlaster mit offener Ladebrücke den Berg hoch und ich winke freundlich. Also raus aus der Parkposition, zwei Räder stehen ja immerhin noch auf der Strasse. Doch ich habe keine Chance. Kein Grip, und ich grabe mich nur ein, und der Unterboden liegt auf dem Boden auf. Wir brauchen Hilfe, jemanden, der mich sprichwörtlich aus dem Loch zieht.

Da kommt der Postbote den Berg runter gerattert, doch er fährt mit grossen Augen vorbei ohne anzuhalten… Der Kleinlaster… die Jungs sind zehn Minuten zu früh den Berg hoch gefahren…

Ich überlege gerade, wie ich denn jetzt Hilfe organisieren könnte… wen anrufen? Da, was hören wir? Der Kleinlaster schüttelt sich den Berg runter – und hält auch an…

Die beiden Männer, die aussteigen, sehen aus, wie man sich in solcher Situation Männer wünscht: Waldarbeiter oder zumindest kräftige Handwerker sind es, und die nehmen die Sache in die Hand. Ich habe zumindest Bedienungsanleitung -und Equipement da: Darunter ein Abschleppseil, das wirklich einen Mörderhaken hat und knutschgelb ist. Und die Engel aus dem Wald haben auch schnell raus, wo denn das Ding eingehakt werden muss, und dann geschieht, was ich auch aus Australien und dem Militär immer wieder mit Erstaunen beobachte, auch wenn es einfach Physik ist: Ein sanftes Anziehen und Rucken und schon hat meine Kiste wieder festen Boden unter den Füssen.

Die Jungs wollen erst nicht mal das kleine Trinkgeld annehmen – und wir zuckeln heim. Echt Schwein gehabt. Und die Kastanien? Haben bereits super geschmeckt – also, die ersten paar hundert Gramm.

Fehlbare Rechthaber

∞  15 Oktober 2014, 22:34

Den Zweiteiler Faber gesehen, der den Niedergang von Einzelhandelsketten behandelt, die als Familienunternehmen am Ende nicht zuletzt wegen der Unbeweglichkeit der alten Garde scheitern.

Gerade in Familienunternehmen sind Sätze wie “du hast recht”, “Tut mir leid” genau so selten wie den Einbezug neuer Ideen, sobald diese die Ahnung aufkommen lassen, dass das Betreten neuer Bühnen nötig wird, auf denen Mann selbst sich nicht mehr zuhause fühlt.

Der letzte wache Instinkt ist immer jener, mit dem man versucht, im Sessel zu bleiben. Es geht dann nicht mehr um die Familie, die Firma, es geht nur noch um mich. Erst will ich gewinnen, dann nicht verlieren – und am Ende soll wenn immer möglich auch niemand anders gewinnen – und die Aversion gegen Familienmitglieder kann dabei viel, sehr viel höher sein als gegen irgendwelche Gegner in der Firma.

Rechthaberei ist furchtbar. Rechthaber sind meist rückwärtsgewandt, denn es ist gar nicht möglich, dass die beste Idee in einem Team immer von mir kommt. Der Niedergang ist brutal, die Auswirkung auf die Familie extrem. Vor allem dann, wenn die Situation wie unter dem Brennglas einfach das beleuchtet, was schon immer nicht gestimmt hat.

Die Beratung von Familienunternehmen, welche den Generationenwechsel schaffen müssen, ist genau aus diesen Gründen ein sehr zukunftsträchtiges und wichtiges Business – nicht nur für Beratungsfirmen, sondern auch für Romanautoren.

Gesellschaftsspiele

∞  12 Oktober 2014, 23:57

Welche Rolle haben eigentlich Kartenspiele und dergleichen in meinem Leben gespielt?

Wir haben uns als Familie nie viel zu sagen gehabt. Ich kann mich allerdings an Mittagsruhe erinnern, nach dem Essen, bei der wir in der Stube sassen und Zeitung lasen. Das habe ich genossen. Das war gemütlich, hatte was Rituelles.

Und meine Mutter trommelte Paps und mich manchmal an den Tisch um zu spielen. Dabei liebte sie Spiele, bei denen Glück eine wichtige Rolle spielte, die entscheidende. Yazy, ein Würfelspiel, Uno – ein Kartenspiel, das nur auf Glück beruht. Absolut nicht dumm, erklärte sie dennoch kategorisch, dass es ihr schlicht zu anstrengend wäre, sich zu merken, welche Karten schon gespielt worden seien. Also war Jassen, wenn wir es denn taten, ein ziemliches Spiessrutenlaufen… An Canasta habe ich da die besseren Erinnerungen…

Mit meinen Kameraden lernte ich Monopoly kennen – damals spielten das wohl alle Kinder leidenschaftlich gern. Oder fast alle. Ich staunte, wie sich dabei Kollegen verwandelten und tatsächlich eine Art Rausch entwickelten, einmal Grossgrundbesitzer zu sein, zum Beispiel. Für mich war – bei welcher Art Spiel auch immer – besonders interessant, festzustellen, wie deutlich auch ganz einfache Spiele wie Eile mit Weile offenlegen konnten, wie ehrgeizig Charaktere waren, oder eben auch nicht. Und die Spiele brachten uns an einen Tisch.

Aber ich habe die Bücher vermisst, zuhause, die Musik, die Stille. Ich selbst wäre wohl ein Bücherwurm geworden, wenn da nicht der Sport gewesen wäre: Ich war am liebsten draussen, im Quartier tollten vierzig Kinder umher, eine Dekade lag zwischen den Jüngsten und den Ältesten. Wir spielten Räuber und Polizei bis zum Abwinken, und vor allem kickten wir. Endlos. Oder bearbeiteten mit Hockeystöcken Tennisbälle, denen wir auf Rollschuhen hinterherjagten, die wir uns an die Turnschuhe geschnallt hatten.

Zuhause war ich in der Lage, ganze Westernstories mit Spielfiguren nachzuerzählen, oder, viel besser, laufend zu erfinden. Mein Kinderzimmer war eine verstellte Zone, die blühende Landschaft meiner Phantasie.

Aber Gesellschaftsspiele? Ich habe seither keinen richtigen Zugang mehr dazu. Manchmal klingt meine Mutter in mir nach, wenn ich mich mühsam an die Regeln zu erinnern versuche, und an die einfacheren Strategien beim Jassen. Aber an Canasta habe ich eine bleibend nette Erinnerung, und an ein Kartenspiel, das ich bei meinen Schwiegereltern lernte auch. Aber es ist nicht mehr als eine Erinnerung, die durch Stupser von aussen belebt werden müssten, um wieder eine Rolle zu spielen: Am Spielen zusammen ist genau diese Redewendung entscheidend: Das Zusammensein, die Personen, welche daran beteiligt sind und mit denen übers Spiel eine Verbindung entsteht oder belebt wird.

Aber ich bin mir bewusst, dass Kartenspiele und dergleichen für ganze Kameradschaften ein sehr wichtiges, kittendes und unterhaltendes Element darstellen. Und die innere Einstellung zu Sieg und Niederlage lernt man auch da kennen, bei sich selbst und bei anderen – so, wie ich beim Tennis spielen. Ja – der Sport ist mir eben in diesem Feld das Liebste geblieben.

Bücher lese ich noch immer viel zu wenig. Würde ich es mehr tun, würde ich bestimmt auch anders schreiben. Bestimmt.

Verletzte verletzen ist leider oft viel zu leicht - und entsprechend hässlich

∞  8 Oktober 2014, 21:51

Ich kriege gerade mit, wie weh sich Menschen tun können. Und wie leicht es Personen haben, die ein Gespür für die Sehnsüchte verletzter Menschen haben, sich übers Netz so unwiderstehlich darzustellen, dass ihr alles geglaubt wird: Vor allem, dass sie besser sind als alle reale Sch…, welche die Zielperson doch schon so reichlich erlebt hat.

Und wieder wird Vertrauen erschrieben und erschleimt – und wie es rauskommen kann, muss, ist fast jedem klar, der neutral aus Distanz darauf blickt.

Für die angegriffene und ausgenützte Person aber ist es eine Katastrophe. Stalking, das über virtuelle Kanäle begründet wird, ist oft noch machtvoller, weil die Informationen, welche der Angreifer sammelt, sehr schnell höchst intim sein können.

Nicht nur unsere Kinder sind gefährdet, nicht nur Facebook ist ein gefährlicher Ort. Auch Blogs und reine Mail-Kontakte können enorm kompromittierend werden.
Logisch, mögen Sie nun antworten, und selbst schuld, wer sich eine Blösse gibt. Aber auf welchen “Kanälen” auch immer: Vertrauen, der Willen zur Öffnung gehört zu jeder Art Freundschaft, die sich entwickeln soll. Und es ist ein anhaltendes Unglück, das zutiefst verletzte Personen in der Regel genau jene sind, die nicht aus dem Erlebten vernünftig lernen können – es sei denn, sie verschliessen sich zukünftig komplett: Womit sie erst recht Opfer bleiben.

Jenseits aller Vernunft und Menschlichkeit

∞  4 Oktober 2014, 23:06

Geiseln des Isamischen Staates – Enthauptungsvideos auf Youtube – und eine amerikanischer Regierung, der verlauten lässt, die USA würden “alle zur Verfügung stehenden Mittel” einsetzen”, um eine Wiederholung zu verhindern – und die entsprechende Geisel zu befreien.

Unerträglich ist das alles – und soll es ja gerade sein. Ganz im Sinne der Terroristen, denen die ganze mediale Macht der Öffentlichkeit in die Hände spielt. Und das Volk hört die Botschaft der Regierung, die gar nicht anders kann, als Unmögliches zu versprechen – denn klar ist, dass nach Lager der Dinge die IS allein bestimmt, ob es nochmals geschieht oder nicht.

Und wenn es geschieht, geht die Unerträglichkeit weiter – inklusive der Hilflosigkeit, die wir alle angesichts der Situation spüren: Es gibt keinen Weg, dem Konflikt bis aufs Blut mit Menschen auszuweichen, die genau diesen Konflikt wollen.

Schlimm daran ist auch, dass die ganze islamische Kultur und alle Muslime einer Zerreissprobe ausgesetzt sind, die uns eigentlich zusammen bringen müsste, statt uns zu trennen. Dazu wird noch mehr zu schreiben sein. Nicht nur dazu.

An Tagen wie diesem

∞  3 Oktober 2014, 18:22

Wir schickten die Frauen heute allein zum Einkaufen. Grosszügig, nicht wahr? Während sich mein Freund im Büro vergrub, sammelte ich Baumnüsse ein und betete die Herbstsonne an. Das Kundentelefon mit Orange France kam zwar nicht zustande, der sicher freundliche Kundenberater rief mich nicht mehr zurück. Aber es läuft ja alles, zumindest in der Grundkonfiguration, wie dieses Posting beweist.

Und was geschieht? Die Frauen kommen mit einem Hundert-Euro-Einkaufsgutschein zurück. Sie haben Jetons bekommen an der Kasse, die Kassierin hat ihnen erklärt, was sie diese Jetons rein stecken sollen, und der Apparat spuckte dann den besagten Zettel aus. Die drittgrösste Gewinnkategorie überhaupt, und die Freundin ist jetzt ganz aufgeregt: Sie habe noch nie was gewonnen, meint sie… Keine Ahnung, ob es stimmt, aber schön ist dass alles eh. Wir freuen uns über das kleine oder auch grosse Glück, das uns über den Weg gelaufen ist, und ich sitze nun wieder auf der Terrasse:

Die Nüsse sind eingesammelt und ausgelegt zum Trocknen, die Sonne flutet durch die Abendluft, die Blätter leuchten. Von Zeit zu Zeit beginnen die Bäume zu rauschen. Es ist mild, hinter dem Haus fährt manchmal ein Auto vorbei, doch das Geräusch stört nicht. Selbst das Auto wird Teil der Idylle, und die Einkaufsgutschein-Gewinnerin kocht gerade für uns. Die Natur schenkt mir diesen wunderbaren Herbstabend, und ich würde gerade jede Weissagung bejahen, die mir verheisst, dass immer für mich geschaut werden wird.

Dies ist doch eine der schönsten Qualitäten, die wir uns als Menschen erarbeiten können: Dass wir so viel Zuversicht in uns tragen, dass uns vor der Zukunft nie bange sein muss – und wenn wir Sorgen haben, so wollen wir doch glauben, dass sich Lösungen finden werden – und dazu beitragen, was immer wir können. Mehr ist nicht zu tun, ist nicht möglich – und auch nicht nötig.

Wer mit dieser Haltung leben kann, ist wirklich gesegnet. An Tagen wie heute ist das einfach. Und morgen?



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