Reflexionen

In Wort und Bild gesehen, gedacht und gefühlt
Zum Betrachten, Nachdenken, Mitdenken, Vordenken
Mit Lebenslust ein Leben lang, mindestens


Mongolei 2006 - Tag 7 (2)

∞  5 August 2007, 16:46

Erlebt am 13. Juli 2006, Um Otgon


Die ganz normale Weite



Auf der Weiterfahrt geniessen wir einen wunderbaren Blick auf den „kleinsten Himmel“, wie der höchste Punkt des Khangai-Gebirges genannt wird.



In der Ortschaft Otgon beweist Thomas beim Versuch, seinem Vater per Telefon zum achtzigsten Geburtstag zu gratulieren, eine bewundernswerte Ernsthaftigkeit und Hartnäckigkeit, leider ohne Erfolg… Die Leitung auf der Post kommt nicht zu Stande.

Die Post ist übrigens immer leicht zu finden: Das Gebäude (oder die Jurte) mit dem grössten Solarpanel und in der Regel einer grossen “Satellitenschüssel” vor der Tür.



Otgon heisst zwar “das Letzte”, für ein Ungeborenes allerdings wird es das Erste sein: Die Familie ist ins Dorf gezogen, um der jungen Frau die bestmögliche Unterstützung bei der Geburt ihres Kindes zu bieten. Zu diesem Zweck wird eine Jurte als Gebärsaal aufgebaut, direkt neben der Apotheke. Sicher ist sicher.





Man beachte die Verwertung aller im Familienfundus vorhandenen Stoffbahnen…



Ansonsten bietet Otgon auch noch so was wie ein Gemeindehaus



und das wichtige Anschlagbrett, auf dem z.B. Mitfahrgelegenheiten in die nächste grosse Stadt angeboten – oder nachgefragt werden.





Auch ein Tempel liegt still in der gleissenden Sonne…



Wir schaffen an diesem Tag 200 km, fast die doppelte Strecke wie gestern. Batkar fährt sehr vorausschauend, was trotz der deutlich besseren Strasse immer notwendig ist…

Die Landschaft wird deutlich karger – wir kommen Ausläufern der Gobi näher, obwohl immer wieder satt grüne Teppiche fettes Weideland anbieten. Es ist immer wieder ein Wunder, was Wasser bewirkt. Leben scheint überall schlummern zu können…

Nun ist der Reise genug. Wir haben mitten in aller Kargheit einen kleinen See gefunden. Hier wollen wir, an der gegenüber liegenden Seite, die Zelte aufstellen – und kochen!



Wir haben ein wunderbares Couscous mit Schaffleisch direkt am See genossen und besprechen den morgigen Tag. Wir stellen dabei gerade fest, dass wir alle vier Reiseleiter sind auf einer Route, die wir nicht kennen.
Wir nehmen den Tag nicht allein nach einem Plan in Angriff und haken ihn entsprechend ab – sondern nach den Möglichkeiten, die sich uns bieten.

Und dann sagen wir nicht mehr viel. Denn die Landschaft ist unbeschreiblich. Und ein sich lang hin ziehender Sonnenuntergang verwandelt die Landschaft in ein immer wieder anders getränktes Farbenmeer.





Dies ist UNSERE Freiheit, und sie ist ein riesiges Geschenk. Es gilt nur, die vorhandenen Angebote zu erkennen, sie anzunehmen und sich danach zu verhalten, so dass wir sorgsam vorwärts-, aber auch ankommen, unter Berücksichtigung der Befindlichkeiten von uns allen.

Wir haben uns an die Waschbrettpisten gewöhnt, so weit das überhaupt möglich ist, und wir bekommen dafür Orte wie diesen geschenkt, wo das Licht der Abendsonne aus etwas Schönem das Wunderbare macht.



Reines Glück, das in einer Stille leuchtet, die alles von Dir abfallen lässt. Auch jeden Gedanken an gestern oder morgen.



Selten habe ich so wenig gedacht und so viel gefühlt…

*
Bilderstrecke Sonnenuntergang