Reflexionen

In Wort und Bild gesehen, gedacht und gefühlt
Zum Betrachten, Nachdenken, Mitdenken, Vordenken
Mit Lebenslust ein Leben lang, mindestens


Mongolei 2006 - Tag 19

∞  5 Oktober 2007, 21:52

Erlebt am 25. Juli 2006 – Durch die Zahuy Zarmangiyn Gobi nach Ulaan-Uzuur



Am Ziel ganz erlaucht





Wir kommen nur ganz schwer hoch aus den Schlafsäcken… Knochen und Rücken tun langsam weh und der Boden fühlte sich wirklich noch nie so verd… hart an. Aber der Ruhetag hat gut getan – und vielleicht wären ja zwei oder drei Ruhetage eh zu viel. So viel eben, dass man schlapp machen und die Müdigkeit triumphieren würde. Den Rhythmus beibehalten, scheint mir gut zu sein.

Ausserdem kann ich noch vermelden, dass mein Hinterteil an den neuralgischen Stellen etwas Schorf angesetzt hat – was für eine Wohltat! Die Unterhose klebt nicht mehr so, und da ich auf dem Autositz besser zurecht komme als auf dem Campingstuhl, soll es von mir aus ruhig weiter gehen!

Wir finden den Weg zurück zur Familie leicht und bekommen mit, wie ein spezielles Problem gelöst wird:



Viele Kamele haben Entzündungen (sorry, dass ich quasi beim Thema bleibe) am Hintern.

Verletzungen der Scheide nach der Geburt, wie bei einem Dammriss, ziehen Fliegen an und dann folgen die Maden…

Verbinden geht nicht. Was helfen soll, ist Benzin, das den Tieren über die offenen Stellen geträufelt wird,


nachdem die lokalisierten Maden mit einer Pinzette entfernt wurden



und das gröbste Blut abgetupft ist.



Da ist das junge Kamel-Dasein doch noch um einiges unbeschwerter…


Wir wischen die Bilder möglichst schnell wieder aus dem Kopf und machen uns auf die Fahrt Richtung Dorfzentrum. Ein Hase, den wir aufscheuchen, hilft uns, auf andere Gedanken zu kommen. 30 km Luftlinie sind es bis zum Dorf, und im flachen Land könnte man auch geradewegs hin fahren – wenn da nicht die ausgetrockneten Abfluss-Furten wären, so dass sich der Weg in ausladenden Schlaufen 50 km hinzieht, und wir nur ganz langsam fahren können.



Der erste und einzige Mensch, den wir in dieser Wüste unterwegs antreffen, ist ein Motorradfahrer, der uns bestätigt, was wir rein vernunftmässig schon wissen: Dass wir auf der richtigen Strasse sind und das Dorf vor uns liegt. Wir können es in der flimmernden Luft nur nicht sehen am Horizont, bis wir fast in ihm angekommen sind. Dafür entdecken wir ein paar Saigan-Antilopen.

Im Dorf können wir auch einkaufen. Der Laden hat eine wunderbar freundliche Besitzerin, und ihr netter Sohn mit dem sehr offenen Gesicht freut sich bereits auf sein Studium in UB.



Ich freue mich derweil an meinem Schnäppchen: Ich bin für schlappe 2500 Tugrik (rund drei CHF) nun stolzer Besitzer einer eigenen Stirnlampe, sechs chinesische Batterien inklusive. Und noch nie habe ich eine Verkäuferin kennen gelernt, die zu besagten Batterien schon warnend meinte, dass sie leider nicht lange halten würden…
Die Strasse führt weiter durch die Ebene, wird zum Ende hin ansteigen und uns dann nach Norden führen. Wir sehen Kropfgazellen, machen eine Art Ölweide aus, die wir noch nie gesehen haben, erschrecken eine winzige Echse, und ich? Ich drehe während einer Pause einen einzigen Stein um – und enttarne damit einen Skorpion.



Zweihundert Kilometer lang kein einziger Mensch. Nur äsende Kamele (was bitte, essen sie?) und eine Piste, die ein flottes Tempo erlaubt. Das bedeutet in Zahlen, dass wir in drei Stunden hundert Kilometer zurück legen.
Dann wieder unter oder neben Menschen…





Die Passstrasse Richtung Ulaan-Uzuur ist gut, so dass wir den Ort fast erreichen. Aber der Platz davor ist einfach zu schön: Umgeben von Bergketten



und frei stehenden Vorposten



und am Fuss eines rund fünfzig Meter hohen Hügels



mit ausgewaschenen runden Gesteinsformen, die z.T. wieder wie Gesichter in die Ebene starren,



campieren wir in… Schnittlauch.



Die ganze Ebene ist voll davon. Die zeitige Ankunft und die Offerte der Natur erlaubt ein aufwendiges Kochen: Lauchsuppe. Dazu machen wir Pfannkuchen, in die wir ebenfalls Lauch einarbeiten. Thomas ist im Element: Der Hügel ist voller unterschiedlicher Flechten – und die sind sein besonderes Steckenpferd.

Die Stimmung ist prächtig.

Den Regen in der Nacht ertragen wir stoisch. Wir liegen im Trockenen. Auch nach dem folgenden Sturm, dem alle Überzelte Stand halten – auch Thomas‘ mit Zahnseide veredelte Ausführung…