Mein Schreiben. Täglich.

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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Demokratie, wie wir sie verstehen und leben

∞  9 Juni 2008, 17:15

Sie leben in Deutschland und Österreich auch in einer Demokratie?

Mir wird in diesen Wochen bewusst, wie ganz anders wir das in der Schweiz verstehen. Es ist dies einer der wichtigsten Gründe, weshalb wir der EU nicht beitreten wollen, ja können: Es ist undenkbar, dass wir unsere Volksrechte aufgeben und für alle bedeutenden Regierungsgeschäfte nicht das letzte Wort haben, zumindest theoretisch.

Sieht man in der Demokratie nicht nur die funtkionierende Gewaltentrennung mit Legislative, Exekutive und Jurisdiktion (neben einer funtkionierenden 4. Gewalt, also einer freien Presse) und der Möglichkeit, alle vier Jahre ein Kreuzchen zu machen, sondern eine Volksdemokratie, so kommt man schnell zum Ergebnis, dass wir in der Schweiz die älteste und vor allem auch die praktisch einzige Volksdemokratie der Welt haben.

Hier können Regierungsentscheide und Gesetzgebungen per Referendum zurück gewiesen werden, und theoretisch kann jeder Bürger per Volksinitiative eigene Gesetzesvorschläge einbringen. Daneben bestimmen auch wir alle vier Jahre, wer uns hauptsächlich genau solche Vorschläge unterbreiten soll – als Mitglied des Parlamentes bzw. der Regierung.

Jeder zweite Volksentscheid, der weltweit gefällt wird, ist ein Entscheid des Schweizer Volkes. Und wenn unsere Nachbarn sich über unsere angeblich so europafeindliche Haltung mokieren, so dürfen wir mit sehr viel Berechtigung darauf verweisen, dass bei der Aushandlung der bilateralen Verträge das Schweizer Volk wahrscheinlich mehr als jedes andere in Europa bewusst ja zu dieser Gemeinschaft gesagt hat. Und zwar immer wieder.

Ich möchte nicht wissen, wie mau und schlaff die Knie so mancher Regierungen Europas würden, sie müssten ihre Europapolitik vom Volk überprüfen lassen – z.B. die Personenfreizügigkeit.

Aber gerade einem Volk, das sogar an der Urne bestimmt, ob es mehr oder weniger Steuern bezahlt – und dabei tatsächlich nicht regelmässig nach dem eigenen Geldsack entscheidet sondern im Sinne der Gemeinde, der Gemeinschaft, ist eben genau das zuzutrauen: Die Sicht für die übergeordneten Landesinteressen, jenseits der persönlichen Ängste.

Ich bin stolz, Bürger dieses Landes zu sein. Je länger, je mehr. Und damit meine ich nicht den Stolz, der in der Kolonne von Blocher mitmarschiert, aber das Selbstbewusstsein, das auch hier darauf vertraut, dass am Ende sich alles im verträglichen Mittelmass einpendelt. Und dieses Mittelmass ist eben nicht der billige Kompromiss und die Lösungsverhinderung, sondern der realistische Lösungsvorschlag, der in der grössten Minderheit den wichtigsten Partner für das zukünftige Zusammenleben sieht.

Wir werden die zukünftigen Herausforderungen meistern. Gerade dann, wenn wir uns auch international ihnen stellen und uns offen halten für ein Miteinander in Europa.


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In eigener Sache: Tag 11 der Australienreise ist aufgeschaltet; und ebenfalls ein Media-Verzeichnis, das künftig, zumindest hauptslächlich, meine alltäglichen AKTUELLEN Entdeckungen in Bildern dokumentieren soll. Es kann in der Sektion “Gesehen” in der rechten Spalte bei “MEDIA” jederzeit angeklickt werden.


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