Zahlen zur Schweiz
Wieder erleben wir einen wunderbar milden, sonnigen Tag, den wir mit dem süssesten und intensivsten Nichtstun verbringen, den man sich nur irgendwie vorstellen kann. Dazu gehört auch:
Lesen.
Und viel zu oft hört das Lesen dort auf, wo ich es heute nur unterbreche: Um Aufgenommenes zu einem Beitrag zu verarbeiten und es wiederum unter die Menschen zu bringen.
Aber das soll eben hier und heute doch sein, wie an den anderen Tagen auch:
Ein paar Striche für ein Bild von der Schweiz, wie es in der Regel nicht im Bilderrahmen hängt. Nichts macht mir mehr Lust beim Schreiben und Bloggen wie die Chance, einem Leser unter Umständen den Blick auf eine vermeintlich bekannte Sache neu zu öffnen. Oder, wenn er ihn kennt, ihm diesen wenigstens zu vertiefen.
Manchmal sind dazu auch Zahlen von nutzen, weshalb es in den in der Sidebar anwählbaren Themen ja auch die Rubrik Zahlen statt Worte gibt.
So liefert denn die Ferienausgabe der Weltwoche vom 28. Juli bis 10. August, die ich erst jetzt, eben in meinen Ferien, durchblättern kann, solches Zahlenmaterial, das ich doch ganz interessant finde.
MigrationDer Ausländeranteil unter den Einwohnern der Schweiz liegt so hoch wie sonst nur noch in Luxemburg (36.1%) und Australien: Jeder vierte Schweizer Einwohner hat keinen Schweizer Pass. In den grössten Schweizer Städten Zürich, Basel und Genf ist es mehr als jeder Dritte.
Zum Vergleich: Österreich 14.2%
Unter den Ausländern sind die Italiener, Deutschen und Portugiesen mit deutlich je über 200´000 Personen am Zahlreichsten vertreten.
Der erste aussereuropäische Staat folgt erst auf Rang 13: Sri Lanka, mit gut 30´000 Personen.
Die Asylbewerber machen nur 2.2% der Ausländer aus. Mehr als 60% der Migranten haben ein unbeschränktes Bleiberecht.
WirtschaftDie Schweiz lebt vom Export von Käse, Schokolade und Uhren?
Quatsch. Den größten Anteil am Aussenhandel haben Chemikalien, gefolgt von Maschinen und Elektronik, erst dann folgen Instrumente und Uhren.
Die Arbeitslosigkeit im ersten Quartal 2011 lag bei 3.9 Prozent. In den OECD-Staaten liegt sie nur in Norwegen tiefer (3.3%).
Österreich: 4.5%, Deutschland 6.3%
Konsum und AlltagDass Schokolade als Schweizer Symbol gilt, hat viel mit dem eigenen Konsumverhalten zu tun: Der Schweizer liebt Süsses und reiht unter den 20 stärksten Marken nicht weniger als sieben Süsswaren ein. Die höchsten Konsumausgaben tätigen wir für
Wohnen und Energie (27.8%)
Verkehr (14%)
und erst dann kommen
Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke (12.4%).
Fast so viel ist uns
Unterhaltung, Erholung und Kultur wert (11.9%)
und für
Gaststätten und Hotels werfen wir nochmals 9.8% auf.
Das zeigt, dass wir durchaus gesellig sind und gerne, sehr gerne reisen.
Und: Wohl noch nie musste unsere Gesellschaft anteilsmässig so wenig von ihrem Geld für Nahrungsmittel aufwenden…
Womit wir beim Vergleich
Früher und heuteangekommen sind.
Die Lebenserwartung ist seit 1950 um fast 15 Jahre gestiegen.
Obwohl wir seit 1970 eine extreme Zunahme des Individualverkehrs erleben, sterben heute fünfmal weniger Menschen im Strassenverkehr.
Zum Schluss ist mit der Mär aufzuräumen, die gesteigerte so genannte Fiskalquote hätte vor allem mit der falschen Politik zu tun. Sie ist ein beliebtes Schlagwort für politische Debatten und der Tenor ist immer der gleiche: Die Quote steigt, wir haben immer mehr Abgaben zu leisten. Konkret tun wir dies aber für Gegenleistungen,die wir ganz offensichtlich wollen. Wir wünschen uns nämlich einen hohen Standard der Gesundheitsvorsorge und – versicherung, eine gute Altersvorsorge etc. Und die Fiskalquote addiert Steuerabgaben inklusive Berufsvorsorge und Kranken- und Unfallversicherung und setzt sie ins Verhältnis zum Bruttoinlandprodukt.
Diese Quote ist in der Schweiz in den letzten 18 Jahren von 36.2 auf 42.6% gestiegen.
Wenn Sie nun an die in dieser Zeit gestiegenen Kosten für die Krankenversicherung denken, dann wird deutlich, dass diese Abgaben ziemlich direkt wieder von uns im Bedarfsfall in Anspruch genommen werden – und nicht zuletzt deshalb so hoch sind, weil wir auch den damit verbundenen Standard einfach wollen. Und schon gilt, wie für die Steuern, über die wir in der Schweiz selbst befinden können, auch:
Wir zahlen, was wir uns leisten wollen.
Und es liessen sich viele Statistiken zitieren, welche bestehende Leistungsfähigkeit weiter dokumentieren – und Mut für die Zukunft machen können. Das Gegenteil gelingt natürlich auch. Denn statistisches Material untermauert fast jede Aussage. Das gilt aber noch mehr für Expertenmeinungen. Sie sind auch für jede Ansicht zu haben. Deswegen tun Zahlen immer mal wieder gut, wenn sie das Bauchgefühl zum Ausdruck bringen. Folgen wir also dem inneren Bild und tragen wir dem Sorge, was unsere Eigenständigkeit ausmacht, wiederum auch laut Statistik:
Wenn drei Dinge genannt werden dürfen, für welche die Schweiz steht, dann nennen immerhin 15% der Befragten:
Ordnung und Präzision.
Wird schon alles werden. Oder einigermassen bleiben. Und sich doch verändern, ich weiss. Aber man stelle sich vor, alles Unstimmige wäre in Stein gemeisselt…
Eine Million willige Roboter
Arbeitskräfte bieten ein enormes Störungspotential. Und wo diese Kraft automatisiert geleistet werden kann, geschieht eben “das Automatische”. Die Rationalisierung.
Foxconn – In Taiwan ansässiger weltweit grösster Hersteller von Computerbauteilen für Apple, Dell und HP und viele andere.
Anzahl der Beschäftigten: rund 1.2 Mio Menschen; davon 1 Mio in China.
2010 nehmen sich innert weniger Monate mehr als zehn Angestellte das Leben.
Kolportiert werden lange Arbeitszeiten, hoher Druck, niedrige Bezahlung, strenge Disziplin und schlechte Behandlung durch Vorgesetzte. Berufsschüler werden von ihren Schulen praktisch zu Zwangspraktikas “verkauft” – 3 bis 6 Monate unter widrigsten Bedingungen.
Die Firma zeigt Journalisten regelmässig Vorzeige-Wohnheime, Swimming-Pools für die Belegschaft, veranstaltet Partys für Angestellte und verteilt T-Shirts mit “I love Foxconn”.
Sie erhöht die Löhne in mehreren Schriten bis um 66% auf bis zu 240 Dollar pro Monat.
Nun plant Foxconn die Einführung von einer Million Industrierobotern innert drei Jahren. Die brauchen keine Pausen, keine Swimmingpools und statt Lohn ein bisschen Schmieröl. Und eine Lobby wie eine Menschenrechtsorganisation haben die auch nicht hinter sich.
Und wer hat nun welche Schuld? Apple und andere, welche enorm hohe Margen erzielen, aber auf Grund ihrer Bedarfsmengen grossen Druck auf die Produktion ausüben können? Wir Konsumenten, welche ständig geil auf die neusten Hardware-Endgeräte sind und teilweise mehr als drei Handys im Gebrauch haben – bzw. sie funktionsfähig zur Seite legen – oder gar fortschmeissen?
Man mag mal träumen – oder sich fragen:
Wenn sich alle mit weniger zufrieden gäben, was dann wäre? Zu wenig Arbeit für alle? Oder gerechter verteilte? Ist es ein Recht, zu schuften bis zum Umfallen, um sich einen Bruchteil unseres Konsums leisten zu können und auch an der Tafel zu sitzen, an der wir uns nach und nach die Erde unter dem Hintern weg konsumieren?
Was in dem Artikel, aus dem die obigen Zahlen stammen (via mycomfor ), zum Ausdruck kommt, ist nicht ein besonders schäbiges Verhalten eines Industriekonzerns, sondern die Wucht der Dimension:
Tatsächlich erlaubt sich die Firma wohl nur, das Gleiche weiter zu tun und zu Ende zu denken, wie alle anderen auch. Gewinne werden optimiert, wenn die Produktionskosten minimiert werden. Und wenn der Mensch zu teuer und zu störungsanfällig ist – oder so gesehen wird – dann geht die Entwicklung genau in diese Richtung.
Besondere Zahlen – besonderes Jahr?
Sie kennen sie bestimmt auch, diese Kettenbriefe per mail, in denen Sie aufgefordert werden, möglichst vielen Freunden eine Nachricht weiterzusenden, am besten dem ganzen Adressbuch, weil die darin enthaltene Botschaft absolut wichtig ist – aus welchen Gründen auch immer.
Die Motive der Urheber lassen sich nicht so eindeutig bestimmen. Fest steht, dass sie im Resultat für so manche Firma ein Graus sind, weil sie, bei gleichzeitiger Weiterleitung von mehreren Desktops innerhalb der Firma einen enormen Datenstau verursachen können, gerade dann, wenn auch noch Powerpoint-Präsentationen damit verschickt werden. Aber das soll mich hier nicht beschäftigen, denn dafür legt ein Unternehmen gültige Richtlinien für den Mailverkehr fest.
Mir geht es hier um den inneren Antrieb solcher Vorgänge: Im Zentrum steht immer das liebe gute Glück, das wir jagen. Wir alle wollen glücklich sein, und es ist immer wieder interessant, was wir dafür brauchen. Gute Beziehungen, Freundschaft, Geld. Wir werden ermuntert, mit einem Click vielen Menschen zu sagen, dass sie unsere Freunde sind. Dadurch entstehen gute Schwingungen, wir sehen es ja uns selbst, ein Lächeln legt sich aufs Gesicht, und schon glaubt man gerne, dass es ja etwas haben könnte mit diesem schnellen Gruss per Internet.
Etwas skeptischer sind wir vielleicht bei entsprechenden Lebensberatungen, die uns dieses Glück in Form eines Geldsegens versprechen, auf der anderen Seite kann es ja hier erst recht nicht schaden, einen Versuch zu wagen, auch wenn man nicht daran glaubt. Gegenwärtig kursiert ein Mail, das den Geist des Feng Shui reklamiert, der sich mittels Geldsegen innert viert Tagen wird bemerkbar machen (seriöse, konkrete Angabe, erleichtert die Überprüfung), wenn man das Mail an mindestens acht Freunde weiter leitet. Leider wird dabei nicht definiert, welche Kriterien gute Freunde erfüllen müssen. Viele von uns haben mittlerweile hunderte von Freunden, Facebook macht es möglich – aber wohl keiner von uns hat acht gute Freunde, mit denen er einen entsprechenden Kontakt auch wirklich pflegen könnte. Und so wird der Geldsegen leider ausbleiben, fürchte ich.
Dabei sind die Beobachtungen und Besonderheiten durchaus interessant, und Zahlenpsychologie hat auch durchaus was reales, das alle überprüfen können. So kann ich mich an ein Experiment in der Schule erinnern, bei dem wir ohne nachzudenken ganz fix eine Zahl zwischen 0 und 10 aufschreiben sollten. Dann drehte der Lehrer die Wandtafel, und auf der stand – wie auf den allermeisten Zetteln – die Zahl 7. Darum also hier, offen im Netz, womit ich die herausragenden Informationen meinen Lesern offenbare, statt meinem Adressbuch (vielleicht überliste ich mit diesem Trick ja mein persönliches Fengshui-Kontobuch):
In diesem Juli 2011 geschehen ein paar Dinge, die Sie in Ihrem diesmaligen Erdendasein wirklich nur diesen Monat “erleben”, tschuldigung, sagen wir vorfinden werden:
Dieser Juli hat fünf Freitage, 5 Samstage und 5 Sonntage. Das geschieht nur alle 823 Jahre. Wie “chinesisches Feng Shui” allerdings darauf kommt, aus dieser Besonderheit unseres gregorianischen Kalenders fernöstliche Magie herauszulesen, beweist in aller erster Linie Geschäftstüchtigkeit: Selbst zwar die Jahre ganz anders zählend, hat man fürs Business unseren Kalenderrhythmus adaptiert, und daraus lässt sich sicher auch mit der hier festgestellten Besonderheit Geld machen.
Und dann sind da noch die vier besonderen Kalenderdaten dieses Jahres:
Der 1.1.11, der 11.1.11, der 1.11.11 und der 11.11.11, quais also ein Steigerungslauf.
Und dann wäre da noch was: Nehmen Sie die letzten zwei Ziffern Ihres Geburtsjahres als Zahl und addieren dazu das Alter, das Sie in diesem Jahr erreicht haben oder erreichen werden.
Gibt 111. Für Alle.
Ich wünsche Ihnen was. Vor allem aber wünsche ich uns allen, dass wir das Glück darin erkennen, keine Bedingungen erfüllt sehen zu müssen, um es zu erfahren. Es gibt nichts, was weniger von einem bestimmten Vorkommnis abhängig wäre, wie das Glück. Und auch diese Magie gilt für uns alle an jedem Tag unseres Lebens.
Wir Saubermenschen
Hauptsache, es glänzt?
Im Jahr 2009 wurden in der Schweiz insgesamt
120’018 Tonnen Wasch- und Reinigungsmittel und Seifen
abgesetzt.
Der pro-Kopf-Verbrauch von Reinigungsmitteln betrug 2.7 kg,
zuzüglich 2.8 kg Geschirrspülmittel,
zuzüglich 7 kg Textilwaschmittel
zugüglich 300g Seife.
Macht dann pro Tag und Nase total 35g Reinigungschemie…
Wie da in der Coopzeitung, von da stammen die Angaben (Ausgabe Nr. 10/2011, Seite 51), ausgerechnet wurde, dass die europäische Bevölkerung jährlich 600‘000 Tonnen Waschmittel und täglich 700 Mio Liter Wasser einsparen könnte, wenn „sie richtig waschen würde“, weiss ich zwar nicht, aber man mag es glauben…
Die Jugend - unser Kapital?
Jugend ohne Arbeit. Das hat Sprengkraft. Weltweit. Vor allem aber auch bei uns. Wir stecken mittendrin.
Ich habe vor einigen Tagen einen Blogartikel des geschätzen Relax-Senf gelesen, der alles andere als Senf zum Thema hatte, aber ein grosses Dilemma offen legt, gegen das noch viel zu wenig deutlich angekämpft wird. Ich rede von der Jugendarbeitslosigkeit. Aber ich meine damit nicht so sehr die Jugendlichen in Libyen und anderen arabischen Ländern, wo die demographische Verteilung in der Bevölkerung einen enorm hohen Anteil von jungen Menschen ausweist – aber kaum eine Arbeits- und Bildungswelt, die dem gerecht würde.
Aber wie schon angedeutet: So weit weg müssen wir gar nicht blicken. Nein. Ich möchte auf die Jugendarbeitslosigkeit in Europa hinweisen. Und zwar direkt vor den Toren Deutschlands und der Schweiz.
Während wir feststellen, dass die Jungen sich heute enorm für Lehrstellen einsetzen und unter Umständen hunderte von Bewerbungen schreiben müssen, ist man im benachbarten Ausland schon viel tiefer im Schlamassel:
Laut Relax-Senf weisen die einzelnen Länder folgende Zahlen aus:
Italien 29 Prozent
Frankreich 25 Prozent
Schweden 24 Prozent
Irland mehr als 30 Prozent
Spanien 43 Prozent (!)
Polen, Slowakei und Ungarn weisen alle gut zwischen 25 und 35 Prozent aus.