Haiku-Notiz: Abheften
Manchmal ist ein Tag
verknorzt, total daneben;
das kann es geben.
Heft’ ihn an die Wand:
Als Notiz, die du vergisst,
weil bald morgen ist.
Wenn ich mich finde
Mag ich mich auch oft verirren,
Mich im Denken ganz verwirren,
Ganz allein auf meinem Pfad,
Drehend in des Lebens Rad.
Bis die Welt sich leiser dreht
Und der Wind im Rücken weht.
Hab die Schritte ich gefunden,
Ist mein Zorn erst überwunden,
Kann ich atmen, leben, lieben,
Die Bank ganz leis‘ verschieben,
Dir zum Verweilen zugedacht.
Mein Fühlen bei Dir gut bewacht
Sich räkeln kann im Stillen.
Befreit von Stolz und Wut
Wächst in mir neuer Mut:
Die Liebe wagen nur für Dich.
Nein, korrigierst Du mich:
Mir ist sie selbst doch eine Quelle
Wiegt mich warm auf leiser Welle.
Du bist mein Gast in dieser Zeit
Die ewig bleiben soll so weit.
Hab Dank für Dein Bleiben,
Will Dir alle Last vertreiben
Mit Dir staunen, träumen, sein,
Einsam manchmal, aber nie allein.
Bleib ich Deiner und doch frei,
Bleibt mir jede Sorge einerlei.
Schwermütige Liebe
Sehnsucht.
Nie genug Liebe.
Immer zu viel Angst.
Nie ohne Sorge.
Stets mit zu wenig Kraft.
Nicht zu genügen –
ein quälendes Gefühl.
Die Geliebte traurig sehen –
unerträgliches Spiegelbild
eigenen Unvermögens?
Ja –
wenn diese Liebe
überhaupt zu verdienen wäre.
Sie wird aber geschenkt.
Und keine Bitte adelt uns mehr,
als unser Wunsch,
Liebe schenken zu können.
Mein Sehnen wird gehört
von dem, der die Liebe erfunden hat.
Und sie vorlebt, erfahrbar macht.
Warum nur haben wir Angst
vor diesem Lehrmeister?
Sich einlassen – auch bei ihm
Voraussetzung der Begegnung,
Anfang der Freude,
Begründung eines Gartens,
der Wachsen und Gedeihen,
Spriessen und Verblühen
in sich trägt als Plan,
von einem Sinn getragen,
in dem wir geborgen sind.
(c) Thinkabout, 12.5.05
So darf ich sein
Ich bin ein gewachsener Baum,
meine Borke ist dick und krustig,
meine Wurzel tief verzweigt.
Gerade gestern hat eine Kinderhand
mit einer zarten scheuen Fingerkuppe
über das getrocknete Harz gestrichen,
das aus dem Riss meiner Rinde floss,
damals, als die grobe Wunde
mich noch still leidend tränen liess.
Wenn der Schmerz weicht,
macht es mir keine Angst mehr,
nicht im Boden versinken zu können.
Erstaunt stelle ich fest:
Ich will leben und berührt werden.
Von Kinderhänden, Wind und Wetter.
Ich fühle staunend, wie ich atme.
Ganz offensichtlich soll ich sein.
(c) Thinkabout, 20.06.2007
Nie ohne mich
Wer sühnt, der zürnt,
wer versöhnt, der liebt.
Sein Ich, sein Selbst,
begegnet ihm in Allen.
(c) Thinkabout 20.06.07
Verletzte Seele?
Eine Art Meditation
Geduldig wie Steinmetze
müssen wir arbeiten,
um uns freier zu machen.
Wir sollten nicht verzweifeln,
ob der Härte des Gesteins,
das uns stumm und traurig macht
und unseren Rücken biegt:
Dass wir beginnen wollen,
zu fragen und zu forschen,
dass wir leben und lieben können
oder auch nur wollen,
zeigt uns, dass in uns nichts ist,
das so tief traurig in uns harrte,
dass es nicht entweichen möchte.
Unsere Fähigkeit zur Liebe
für uns und aus uns selbst,
macht aus der Härte des Gesteins
die Höhle der Geborgenheit,
in der in kühlen leisen Winden
wunderbar erfrischt und neu beseelt
die Schöpfung sich in uns entfaltet.
In unserem Menschsein angelegt
ist Gottes Liebe einem Bergsee gleich,
ruhend in der dunklen Tiefe still,
so dass der Himmel sich gespiegelt sieht.
*
Wir können uns von uns abwenden oder uns uns zuwenden. Tun wir letzteres, dann gilt:
Wer sühnt, der zürnt,
wer versöhnt, der liebt.
Sein Ich, sein Selbst,
begegnet ihm in Allen.
Man hat mir weh getan.
ich habe viel gelitten,
ja, leide immer noch.
Erst wollte ich vergessen
und konnte es doch nicht.
Die Zeit schenkte mir
einen neuen Blick zurück:
Nicht länger im Müssen,
eine Weile noch im Wollen und Haften,
bis der Überdruss quälend wurde.
Ich begann, wählen können zu wollen.
Und drehte den Kopf.
Schaute mehr vorwärts.
Ich bekam neue Erwartungen,
liess sie mir schenken,
nicht länger diktieren.
Will einfach leben,
mit all meinen Gefühlen,
begrüsse die alten Fragen,
und lebe mit ihnen,
wie der gewachsene Baum
das Rauschen des Windes
mit seinen Blättern
raschelnd vertont.
Ich bin ein gewachsener Baum,
meine Borke ist dick, krustig,
meine Wurzel tief verzweigt,
Gerade gestern hat eine Kinderhand
mit einer zarten scheuen Fingerkuppe
über das trockene Harz gestrichen,
das aus dem Riss meiner Rinde floss,
damals, als die grobe Wunde
mich noch still leidend tränen liess.
Wenn der Schmerz weicht,
macht es mir keine Angst mehr,
nicht im Boden versinken zu können.
Erstaunt stelle ich fest:
Ich will leben und berührt werden.
Von Kinderhänden, Wind und Wetter.
Ich fühle staunend, wie ich atme.
Ganz offensichtlich soll ich sein.
Fragment vom 01.11.04
neu erarbeitet am 20.06.07

Bild: © Thinkabout: Mattmarksee
Vor einem stillen Tag
Ich möchte
die Stille zur Freundin haben
und daher niemals reden,
nur um sie zu verscheuchen.
Die Luft, die ich atme,
soll von Musik getragen sein,
statt von Geschrei durchschnitten zu werden.
Ich möchte mehr reden
und weniger plaudern,
meine Seele atmen lassen,
indem ich bewusst schweige,
statt hilflos zu verstummen.
Ich möchte lieben, nicht besitzen,
ich möchte sein statt scheinen,
und nur darauf meine Energien verwenden.
Ich möchte wachsen,
mit meinen Wurzeln der Erde und
mit meinen Ästen dem Himmel näher kommen.
Ich freue mich auf mein Staunen
über die Geheimnisse an meinem Wegesrand.
Und ich danke für die hilfreichen Regungen,
die mich immer wieder zu mir hin schieben:
Neugier, Sehnsucht, Heimweh.
Nichts da,
das nicht in tiefer Ruhe
seine eigene Stille finden könnte.
Schlaflied für Dein Glück
Offen sein
und doch beschützt.
Danke sagen ohne Zweifel,
Vertrauen in das Glück.
Beredt erst nur im Stillen,
doch gleich beginnt das Singen,
als Schlaflied für die Angst,
die bald für immer schweigt.