Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Wer nicht (nach)fragt, wird auf Dauer auch nicht nachgefragt

∞  1 August 2013, 15:29

Mutter hatte einen sehr speziellen Charakter, aber in einem wird sie mich immer als Vorbild ermahnen können: Sie schaffte es stets von Neuem, aus ihrem Schneckenhaus zu treten und den Kontakt zu Menschen zu suchen, unbesehen der “Gefahr”, zurück gewiesen zu werden.

Sie war bestimmt nicht der umgänglichste Mensch, den man sich denken kann, und eigene Vorstellungen davon, wie Besuche, Begegnungen sein sollten, standen ihr oft vor dem reinen Vergnügen und Genuss an der Gesellschaft. Gleichzeitig kämpfte sie gegen die Einsamkeit und nahm immer wieder neue Anläufe, und ich höre nun von verschiedener Seite, dass dann, wenn andere Not erlebten, sie oft einer der Menschen war, die das Telefon fanden und den Kontakt herstellten. Was ich damit sagen will:

Niemand kann mit einem Federstrich die eigenen Besonderheiten, kantige Charaktereigenschaften beiseite wischen und ausradieren. Da sind wohl oft nur Retuschen möglich. Die wenigsten von uns beurteilen sich selbst so positiv, dass da keine Selbstzweifel wären – das Gegenteil ist wohl häufiger der Fall. Aber wäre es manchmal nicht viel gescheiter, Reaktionen seiner Mitmenschen nicht vorweg zu nehmen, sondern erst mal die Konstellation zu schaffen, in der sie mit ihrer konkreten Reaktion erst beweisen müssen, dass ich tatsächlich Zurückweisung oder reserviertes Verhalten zu erwarten habe? Und wenn es dann offenkundig ist, dieses Nein – ist dann nicht gerade der Moment da, in welchem ich Selbsterhaltungskräfte wach rufen kann und das Gute aus dem Brüsken ziehen mag: Gut dass ich es nun weiss, dann kann ich mich selbst auch neu orientieren.

Das konkrete Beispiel, in dem ich Lernfähigkeit beweisen könnte, ist folgendes:
Ich spiele wirklich gerne Tennis, und es ist für mich eine tolle und die massgebliche Freizeitbeschäftigung. Also spiele ich mit vielen Partnern, und wer mich nach einem Spiel fragt, hat sehr gute Chancen, dass ich ja sage. Das führt dazu, dass ich viel spiele – aber auch viel mit zumindest nicht besseren Spielern, als ich es bin. Umgekehrt wage ich es kaum, diese Besseren um ein Training zu fragen. Ich denke für sie voraus und bin mir ganz sicher, dass ihnen das keinen Spass machen würde. Dabei ist Tennis ein Spiel, bei dem man auch mit einem gewissen Gefälle in der Spielstärke sehr wohl zusammen Spass haben kann – und sogar einen Trainingseffekt. Es sollte nur nicht zu oft einseitig sein. Also habe ich eine konkrete Aufgabe:
Ich sollte endlich die Zeichen ernst nehmen, das Jucken konstatieren, das mir da sagt: Eigentlich möchte ich, so lange ich noch gut zu Fuss bin, herausfinden, ob ich und wie ich noch besser werden kann? Dafür braucht es entsprechende Gradmesser, Forderung und Wille. Da ich genau weiss, dass ich den Willen sicher mitbringe, fehlt mir nur noch, dass ich endlich zumindest nachfrage, ob ich mal in einer entsprechenden Trainingsgruppe mitmachen kann?

Also Mutter, ich verspreche es: Ich nehme mir Dich zum Vorbild – und frage!