Posthum - und wir, jetzt?
Der Verwaltungsrat in seiner Todesanzeige für seinen fünfzigjährig durch Herzversagen verstorbenen Direktor:
… Seine Bescheidenheit, das konsequente Zurückstellen persönlicher Interessen hinter diejenigen der Kunden sowie der gedeihlichen Entwicklung unseres Unternehmens haben die Firma zu ihrer heutigen Blüte geführt.Seine Hingabe an die ihm übertragene Aufgabe und sein beharrliches Streben nach nachhaltigem Erfolg sind uns Vorbild und weisen uns den Weg. …
Unternehmen gesund, Direktor tot. Weiter so.
Damit wirke ich polemisch – auf dem Rücken einer trauernden Familie. So will ich nicht aufhören, sondern an diesem Beispiel auf diesen so häufigen Tenor in Todesanzeigen hinweisen:
Ein sich aufopfernder und sich selbst vergessender Leader reisst den Karren zum Erfolg und bezahlt am Ende zusammen mit seiner Familie allein den Preis. Wobei das lange vor der endgültigen Tragödie oft schon traurig ist, mögen wir ihm posthum mit warmen und durchaus aufrichtig gemeinten Worten auch ehrlich dankbar sein: Wir beweisen mit diesen zu Floskeln werdenden Worten, dass wir einen grundlegenden Mangel gar nicht erkennen mögen.
Deshalb möchte ich hier noch ein paar Zitate anfügen, die ich ebenfalls heute in einem Interview mit Iris Radisch gelesen habe (von ihr war in diesem Blog auch schon die Rede).
(…) Wir müssen uns überlegen, wie die berufstätigen Eltern mehr Zeit für ihre Familien finden. (…)
Es geht nicht nur um Geld. (…) Es geht (…) um eine zeitliche Entlastung der Familien statt nur einer finanziellen. Mehr Zeit – das wäre eine echte Qualitätsverbesserung für Familien und würde unserem Lebensstandard entsprechen. (…)
Quelle: Printausgabe der Mittellandzeitung vom 23. April 2007, erst heute gelesen (bei mir hat manches mittlerweile wenigstens ein bisschen Zeit).
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