Mein Schreiben. Täglich.

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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Mein persönliches Unwort des Jahres

∞  4 August 2008, 15:18

Das Unwort des Jahres – ich denke, für mich habe ich es schon gefunden.


Ich habe, leider, nicht viel Zeit, aber verzichten kann ich auch nicht darauf: Während ich meine netvibes-Site einzurichten versuche und ich immer wieder checke, ob ich neue Mails bekommen habe, muss ich hier bei Ihnen unbedingt loswerden, was mich masslos ärgert, während irgend ein Lauftext seine brennenden News, die unbedingt meine Neuigkeiten werden wollen, über den Bildschirm zieht und mir unter der Nase vorbei läuft, als wäre es Speck und Käse in einem und ich die fetteste Maus, die je solches geortet hat.

Ich bin also wichtig und vor allem ist es wichtig, dass ich nichts verpasse, und darum ist es doch nicht weniger als verständlich, dass ich einfach keine Zeit und erst recht keine Lust habe, meine Pendenzen im Haus und rund ums Haus zu erledigen. Ich schiebe es also hinaus, bis zum Gehtnichtmehr, und darüber hinaus. Und ich fange es dann, wenn ich es mal anfange, fünf Mal an, weil – eben – immer wieder etwas Wichtiges dazwischen kommt und ich danach in Gottes Namen nicht mehr weiss, was Wichtiges ich denn soeben angefangen hatte zu erledigen? Nach ein paar Stunden hat man so eine ganze Menge von neuen To-Do-Fetzen angehäuft und nix Altes erledigt.
Wenn ich das also tue, wie ich es beschrieben habe, dann haben Sie vielleicht davon so wenig verstanden, wie Sie gleich weiter verstehen werden: Ich weiss,

ich habe prokrastiniert.


Und ich tue es weiterhin. Mit Kastration hat das nix zu tun, zuminest dem Wortstamm nach nicht, besonders “pro” wäre es eigentlich auch nicht, aber in jedem Fall beinhaltet das Wort eine solche Menge an orthographischen Fallstricken, dass es im Grunde bereits wieder die erste Therapieform dessen ist, was es beschreibt:
Man muss sich nämlich konzentrieren, um das Wort richtig zu schreiben. Eine Zumutung.

Und bitte, die Blogs! Da bin ich zuerst darauf gestossen, und fragen Sie mich nicht mehr wo. War gerade dabei, zwei andere Quellen abzurufen, während der Bus unten schon um die Ecke bog. Nicht etwa, dass Blogger geeigneter wären als sonstige Wortakrobaten , das Wort zu meistern – aber es scheint bloggish zu sein, es zu verwenden, egal, wie falsch.


Immerhin scheint man haargenau zu verstehen, was denn damit gemeint ist. Wahrscheinlich trägt das vermaledeite Wort dazu bei, dass man es eher vorsichtshalber mal nachschlägt:

Prokrastination

bezeichnet den Handlungsaufschub von Personen, selbst wenn dieses Verhalten vorhersehbare, stressreiche Konsequenzen mit sich bringt. Nach Schätzungen von Psychologen ist jeder fünfte Deutsche davon betroffen. Zum Aufschieben neigende Menschen sind wesensbedingt erhöht motivationsabhängig und schaffen es nur unter großer Anstrengung, als lästig oder langweilig empfundene Tätigkeiten anzugehen. [Quelle: Spiegel Wissen ]


Aha. Das kenne ich doch. Willkommen auf dem Weg ins moderne Zeitalter der permanenten Ablenkung und des Hyper-Multitaskings des eigenen Geistes.
Wie könnte man da, was das Entsorgen des Mülls, das Zahlen der Rechnungen, den Abwasch und den Blumenstrauss für die Freundin (weil alle ersteren Dinge nicht funktioniert haben), die Schose unter einem weniger zungenbrecherischen Wort zusammenfassen?


Wie wäre es mit langbankschieberischer Späteritis? Ist zwar nicht ganz so schnell geschrieben, aber dafür am Ende vielleicht richtig, will man hier überhaupt ein Richtig vorschreiben. Und wie lautete dann das Verb?

Einfach langbankschieben. Würde ich vorschlagen.


[Bildquelle: atelier-mazu.de* ]



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