Mein Schreiben. Täglich.

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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Jobs - und was sie bedeuten (können)

∞  10 September 2012, 20:20

Zwei Tage Kurzurlaub bringen eine ganze Menge Kontakte zu jener Art Personal, welches wirkliche Dienstleistungsjobs verrichtet:

Zur Ticketverkäuferin bei der SBB, der Serviceangestellten im Ausflugsrestaurant, dem Buschauffeur, dem Schiffsführer, dem Thekenpersonal im Selbstbedienungsrestaurant, der Bedienung an der Eistheke in der Cafeteria.

Es ist wirklich kein Schockoladenjob, hinter einer Selbstbedienungstheke eines Ausflugrestaurants zu stehen und Menus mit Kantinencharme auf Teller zu schaufeln, deswegen will ich hier nicht jene in die Pfanne hauen, die dem Job wirklich nicht mehr abgewinnen können als das kleine Geld, das man am Ende dafür kriegt.

istockphoto.com/koun

Ich will aber jene ehren, die mit ihrer positiven Ausübung ihres Berufe* den Ausflugstag für die Gäste erst recht zum Fest machen.

Der Buschauffeur, der mit breitem Lachen die neuen Passagiere begrüsst, nicht etwa gestresst wirkt, wenn er noch Tickets ausstellen muss, sondern auch noch für die Fahrgäste mitdenkt und sie fragt, ob sie denn nicht einen Anschluss ab der Bahnstation bräuchten, den könnten sie nämlich auch gleich hier erwerben, “und dann können Sie den ganzen Rest der Reise geniessen”. Und dabei strahlt er so, als hätte man ihn eben zur Weiterfahrt mit eingeladen und ihm dafür selbst Ferien angeboten.

Oder die Verkäuferin hinter der Eistheke in der kleinen Cafeteria in Erlach, direkt an der Hauptstrasse, die mir eine Extraportion verabreicht, weil ich Pech an der Bushaltestelle hatte, als wäre ihr das persönlich peinlich, und mir, während sie mit Wucht den Kugelformer tief in den Glacéblock sticht, versichert, dass dies eine wirklich erstklassiges Rahmglacé wäre, die ich hier bekäme, ohne jeden “Industriekrims”, total hausgemacht. Sie verkauft ihr Eis radebrechend, aber mit so viel Bedachtsamkeit, als wäre es ihr eigenes Restaurant, und der Stolz für “ihr” Produkt wirkt echt. Fünf Minuten später weiss ich es auch: Sie hat recht. Es ist das beste Eis, das ich je gegessen habe – und ich esse weiss Gott häufig welches.

Und dann der Schiffsführer, der in seinem 11-Personen-Oberwasser-Kanonenboot mit Aussenbordmotor und dem Schiffshund namens Frau Meier die Gäste von der St. Petersinsel nach Lüscherz und Erlach fährt, und diese Überfahrten mit seinem träfen Humor zu einer Slapstick-Nummer macht, die jeden Passagier so vergnügt werden lässt, dass sich schlussendlich die Pointen im spontanen Widerstreit der Worte nur so jagen: Es ist eine ganz tolle halbe Stunde, die uns mit einer so blendenen Laune aussteigen lässt, dass uns danach einfach nichts aus der Fassung bringen könnte. Während wir uns von der Anlegestelle entfernen, hören wir den Bootskapitän mit der alten Lady am Steg plaudern und fragen, was sie denn so lange hier zu sitzen hätte? Aber sie solle nur schön bleiben, bis er wieder komme, damit er die Bankgebühr von zwei Franken bei ihr noch einziehen könne. Er ist goldig, weil sein Humor darauf abzielt, die Menschen zu erfreuen, und er saugt die positiven Reaktionen richtig in sich auf, während Frau Meier sein Tun gutmütig beobachtet und sich sogar von jungen Enten kaum ablenken lässt…

Menschen, wie hier beschrieben, üben Jobs aus, die einfach getan werden müssen. Aber es sind Frontendjobs, bei denen sich entscheidend erweist, ob jemandem eine Dienstleistung gefällt oder nicht. Und es sind jene Angestellten, welche ihre Arbeit als wirklichen Dienst am Kunden verstehen, die viel mehr wert sind als das Geld, das man ihnen zahlt. Wir sollten Ihnen äusserst dankbar sein, denn sie und viele Gäste nach uns haben es verdient, wenn wir zeigen, welche Wirkung sie mit ihrer positiven Art erzeugen – und sie damit belohnen: Sie sollen und müssen den Lohn in Form von Anerkennung, Freundlichkeit und Humor bekommen, den sie verdienen, denn wir alle möchten von solchen Menschen verwöhnt werden. Nicht nur, wenn wir Ferien haben.