Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Der Zeit und der Leere näher kommen

∞  20 Februar 2007, 19:19

Mein Freund hat mir ein Buch geschenkt, das einfach ganz wunderbar zu meiner Lebenssituation zu passen scheint.

Hector und die Entdeckung der Zeit
von François Lelord


muss ich ganz sicher hier nicht “besprechen”. Das Buch stand wohl praktisch in jedem Feuilleton irgendwann zur Vorstellung an.

Mich berührt der Moment, in dem es bei mir auf dem Schoss liegt. Es geht tatsächlich darum, mit meiner Zeit anders umzugehen. Aus dem Korsett geschält, das mir durchwegs strukturierte Tage bescherte oder eben aufzwängte, ist die freie Zeit nun Chance, Einladung, Verlockung und Bedrohung zugleich.
Oder sie wird es. Denn noch gleiche ich dem Ritter, der sich die Rüstung anlegen bzw. dem Sprinter, der die Trainingskleider ablegen muss: Ich will mich noch weiter einrichten. Ich bin noch nicht bereit. Aber mit dem Lesen habe ich schon begonnen.

Und je mehr ich von Hector erfahre, um so häufiger denke ich folgenden Gedanken:

Die Zeit, die Du be-greifen möchtest, lieber Hector, und die auch ich nach ihrem Wesen frage, führt mich zu jener Leere, die nicht schreit, sondern wirklich schweigen kann und Ruhe verspricht. Wenn ich aufhöre zu denken – hält dann die Zeit an? Meine Zeit? Was ist im Fluss, was sperrt sich, was ist eigene Wahrnehmung, was Gesetz?

Ist irgend etwas unumstösslich ausser dem innersten Kern der Veränderung? All unser Streben, unser Denken in Limiten, Zeit“fenstern”, ist verlorene Liebesmüh. Die Zeit lässt sich nicht zu Ende denken.

Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft und die Frage, was ein Augenblick überhaupt sein kann, was real ist und was nur Schein, was wir mit jetzt meinen – und was doch niemals bleibt – alle diese Fragen führen in einen Raum, in dem die Zeit nicht mehr eine Dimension ist. Sondern ohne Ende und Anfang. Genau da lässt sich die ursprünglichste Kraft überhaupt vermuten. In dieser Leere herrscht eher Wärme denn Kälte. Sie hat nichts Bedrohliches. Sie will lieben. Muss nicht geliebt werden, wird einfach geliebt. Auch von mir und in mir selbst.