Mein Schreiben. Täglich.

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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Basel und Zürich im Stadionblues

∞  2 Oktober 2013, 16:46

Im Basler St. Jakob-Stadion kam es bei der gestrigen Champions League – Begegnung zu einer Art Super-Gau: Greenpeace-Aktivisten gelang es, sich vom Stadiondach abzuseilen und ein riesiges Protest-Transparent gegen Gazprom und die Ölbohrungen in der Arktis zu entrollen. Da hingen sie dann da, Transparent und Aktivisten, und guter Rat war teuer.

In aller Seelenruhe beendeten die Luftkletterer ihre Aktion, und alle Welt hatte genügend Zeit, sich vorzustellen, was denn jetzt wäre, wenn die Absichten hinter einer solchen Aktion sich nicht im Tatbestand des Hausfriedensbruchs erschöpfen würden…

Basel. Die Stadt und das Stadion bewerben sich für die EM 2020 als einer von dreizehn Austragungsorten. Der politische Sukkurs für dieses Projekt ist gross. Basel ist viel mehr als Zürich eine Sportstadt. Aber nun hat Basel ein Problem, und die Geister, die man früher nur verscheuchte, aber nicht ausrottete, kommen zurück.

In der Saison 2005/06 verspielte der FCB die Meisterschaft im letzten Spiel im einheimischen Stadion: In der 93. Minute entriss der Erzrivale FCZ mit dem Tor zum 1:2 Basel die Meisterschaft. Das war zuviel Frust für zuviele: Die Bilder von aufs Spielfeld stürmenden Hooligans, die sich Prügeleien lieferten und Bengalos in die Menge schossen, ja gar Jagd auf Spieler machten, sind noch so präsent, als wäre es letztes Jahr geschehen. Eine geordnete Übergabe der Meistertrophäe an den siegreichen Gegner war nicht wirklich durchführbar. Der Schande folgten recht milde Sanktionen – zwei Spiele ohne Zuschauer und 80’000 Franken Strafe – und laue Ursachenforschungen über die Versäumnisse und Absichtserklärungen für Verbesserungen. Stadionbetreiber, Polizei und Club spielten Ping Pong. Die Basler Fans blieben mit die am schwersten zu kontrollierenden in der Schweiz, der FC Basel lavierte sich genau so um klare Positionsbezüge gegenüber den Ultras unter den Fans herum, wie es auch beim FC Zürich ein paar Jahre später feststellbar war.

Nun hat Basel den Salat. Im Stadion sass Michel Platini, Chef der UEFA, Ausrichterin der Europameisterschaft 2020. Es ist anzunehmen, dass die Ereignisse von gestern Abend der Kandidatur von Basel als Austragungsort schwer geschadet haben. Der Schaden ist womöglich irreparabel. Ein paar zig Tausend Franken Aufwand und Manpower für verbindliche Konzepte zur Erhöung der Sicherheit im Stadion zur rechten Zeit wären wohl nicht verkehrt gewesen. Aber auch in dieser Frage haben Politik und Verwaltung die heissen Kartoffeln und die drohenden Ausgaben vor sich her geschoben: Das Spektakel bitte ja, der Rest wird schon gut gehen.

In Zürich waren es Fans von GC und dem FCZ, die auf der Gegentribüne auf einander Jagd machten, was ganz sicher auch nicht dazu beigetragen hat, die Stimmung für ein neues Stadion in der Bevölkerung zu verbessern. Im Resultat auch hier das gleiche Schlamassel: Haben sie in Basel nun den Blues, dass sie sich die EM 2020 womöglich ans Bein streichen müssen, müssen die Zürcher wohl noch zwanzig Jahre auf ein neues Stadion warten. Die Bevölkerung hat ein Projekt erneut abgelehnt.