Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Aus meinem Nähkästchen, sprich Postfach, erzählt

∞  5 Dezember 2009, 18:05

Ich habe in den letzten Wochen und vor allem Tagen ein wenig Post bekommen, Briefe, die mich auf meine Positionen rund um die Minarettinitiative angesprochen haben, vom Postboten, aber natürlich auch und vor allem per e-mail. Ohne dass ich das Vertrauen eines einzigen Absenders missbrauchen würde, kann ich dazu Folgendes erzählen und weitergeben, und ich glaube, dass das für alle Diskussionen zu diesem Thema bedenkenswert ist:

Der Antrieb der Absender lässt sich aus zwei Richtungen ausmachen. Auf der einen Seite sind jene, die sich bestürzt zeigen über mein Ja, dies von mir nie erwartet hätten und mir – was ja auch in Kommentaren häufig geäussert wird – vorwerfen, ich wäre einer rechtspopulistischen Propaganda aufgesessen und würde mit meinem Verhalten deren Ziele unterstützen und damit den Unfrieden schüren. Ich fühle Liebesentzug. Damit will ich diese Botschaften nicht lächerlich machen, ganz im Gegenteil. Ich empfinde es wirklich so.

Und da sind die anderen Briefe. Die, welche sich nicht lange damit aufhalten, mir zu danken (für was auch), sondern die sich etwas von der Seele schreiben wollen und sich ganz offensichtlich wünschen, dass ich nicht den Kopf einziehe. Sie erzählen mir eine eigene, erlebte Geschichte oder schildern mir ihr Unbehagen, dass es in ihrem Umkreis nicht möglich ist, eine kritische Haltung zum Stand der Integration der muslimischen Bevölkerung zu äussern, ohne sogleich als grundsätzlich fremdenfeindlich taxiert zu werden.

Ich lese dabei viel innere Entfremdung heraus, der man nicht anders glaubt begegnen zu können, als sie so gut wie möglich still hinzunehmen, will man nicht riskieren, nicht nur nicht verstanden, sondern ausgegrenzt zu werden.

Was gänzlich fehlt bisher, ist irgend eine Zuschrift eines Rechtspopulisten, der sein Triumphgeheul mit mir teilen möchte.

An mir selbst kann ich beobachten, dass mich beide obigen Arten von Reaktionen tatsächlich darin bestärken, ein Tabu ganz bestimmt zu brechen: Das Verschweigen eines konstatierten Problems. Ich kann aber auch in mir drin eine Unsicherheit darüber ausmachen, wie es denn um die Gesprächskultur in diesem Land bestellt sein möge – und insbesondere auch um die konstruktiven Diskussionsmöglichkeiten in meinem wirklichen Umfeld. Und ich fühle, dass in den vielen Debatten, die nun landesweit geführt werden dürften, Menschen, die für ihre Haltung verbal sehr persönlich attackiert werden, sich innerlich tatsächlich ihrer bisherigen Welt entfremden und sich nicht länger verstanden fühlen. Damit sei deutlich gesagt, dass wir alle mit dem klaren Willen, andere, gegenteilige Positionen verstehen zu wollen, mit verhindern können, dass wir andere Stimmen ausgrenzen. Denn erst dann geschieht wirklich, was allenfalls vorgeworfen wird: Die Schaffung neuer Kräfte am rechten Rand.
Eine andere Meinung im vertrauten Umfeld vertreten zu müssen, reicht dafür nicht aus. Eine innere Entfremdung auf Grund übertriebener persönlicher Angriffe aber kann dafür eine Basis schaffen. Also: Bleiben wir bemüht, zu verstehen. Ich schreibe mir das auch ans eigene schwarze Brett.