Mein Schreiben. Täglich.

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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Angela Merkel war auch mal da

∞  1 Mai 2008, 10:12

Warnung: Dieser Eintrag ist vor der Niederschrift innerlich nicht austariert worden…

Etwas macht mich seit kurzem stinkig. Seit heute Morgen, seit eben jetzt, nach dem Aufstehen, nach der ersten Nacht seit langem, in der ich wirklich gut geschlafen habe, kann ich es benennen. Der Dienstag ist’s. Ich habe ihn nur am Rande verfolgt, den “Besuch” der Kanzlerin, und vielleicht waren die Bilder, die ich davon gesehen habe, auch einfach nur so farblos wie die berühmten Hosenanzüge.

Wie lange ist sie nun im Amt? Bald drei Jahre? Es war ihr erster und sicher auch letzte Besuch bei uns für lange Zeit. Mitgebracht hat sie gar nichts, schon gar nicht Zeit. Mit vier unserer Bundesräte hat sie gesprochen. Da blieb für jeden wohl gerade mal ne halbe Stunde. Und dann war ja noch das Cern in Genf, dem man einen Besuch abstatten musste, und da war dann schon die Reise dahin eine Art angewandte Physik, so sehr hatte man dafür auch noch die nicht vorhandene Zeit zu überlisten.

Was soll der Quatsch eigentlich? Wir können uns die ganze Zeit von ihren Ministern anhören, welche Schulaufgaben wir alle nicht machen, wenigstens nach deutscher Lesart, und man droht schon mal mit dem Knüppel, sehr viel unverholener als in charmanteren pfälzischen Zeiten.

Dabei habe ich selbst doch ein sehr gutes Verhältnis zu Deutschland. Für wohl keinen Kanzler zuvor aber scheint der Rhein so breit zu sein wie für die Merkel. Das ist ziemlich enttäuschend. Und so werden mich die Standard-Vorurteils der Deutschen über die Schweiz wieder zu ärgern beginnen, fürchte ich. Statt dass ich die Chance nütze, die so simplen vorgefassten Meinungen für den Überraschungseffekt zu nützen und mit geraden Sätzen (wo darin nicht jede Grammatik fehlt, oder?), wenigstens durchschnittlichem Tempo und einer Esskultur zu überraschen, die nicht nur Fondue und Schoggi kennt (und die um einiges vielfältiger und aufgeschlossener ist als die deutsche), werde ich auf all das pfeifen und mich in der Schublade einrichten, in die man mich steckt. Sollen sie mir doch den Rücken runter rutschen, die Nachbarn aus dem grossen Kanton – zumindest die, welche sich von dieser Frau in ihrem Verhältnis zur Schweiz vertreten fühlen.

Genau so denken wohl viele. Wie gefährlich das ist, kann ich nur schätzen. Dabei war es noch selten so leicht, Selbstbewusstsein zu zeigen. In Sachen Steuerstreit ist längst nicht jedes EU-Land in der gleichen Interessengruppe wie Deutschland, nur so zum Beispiel.

Die zahlreichen etwas härteren Diskussionen als auch schon unter uns Nachbarn sind auch für die Schweiz eine Chance. Wir haben nicht nur den dicken Kopf dafür, sondern auch Argumente – und wir werden sie einbringen. Auch der grosse Nachbar braucht unsere Kooperation. Mag Merkel noch so wenig Interesse für unser Land zeigen.