Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Zwischen Listen

∞  14 März 2012, 17:31

Sind Ferien nur eine Episode? Eine Flucht, ein sich Wegdenken, ein Gedankenstrich? Ferien sind manchmal schlicht Regeneration. Das Aufladen von Batterien ist überlebenswichtig. Vor allem dann, wenn man gar nicht bemerkt, wie der Akku schwächer wird, bis er sich gar nicht mehr auflädt…

Ferien können aber auch aktive Erholung, eine andere Form von Herausforderung, ein neuer Zugang zu Ansprüchen an sich selbst, ans Leben und vor allem an unsere Wahrnehmung dieses Lebens sein. Reisen als Lehrstunde: Auf dem Weg zu einem Ziel den Moment geniessen. Darum ist Reisen eine Lebensschule und sind Ferienreisen eine Gelegenheit, genau diese Kunst unter leichteren Umständen zu vertiefen und es auch tatsächlich zu er-leben.

Eine Reise erfüllt nie alle Erwartungen – aber sie macht ganz bestimmt aus Traumbildern wahrhaftiges Sehen, das doch wieder nur jedem einzelnen Menschen für sich erschlossen wird. Nicht mal zwei Fotos von einem Berg sind eins wie das andere. Und wenn wir den Eindruck haben, es wäre doch so, so liegt das nur an unserer beschränkten Fähigkeit, Vielfalt wahrzunehmen.

Es gibt Menschen, welche die Hurtigruten immer wieder befahren. Diese Reisenden sind auch viel auf dem Aussendeck anzutreffen. Und wahrscheinlich reisen genau diese Menschen immer wieder entlang dieser Route, weil sie wissen, dass kein einziges Mal das Wasser in gleicher Weise unter einem durchgleitet, wie es dies zuvor schon tat: Wir selbst werden andere, entfernen uns von unserer inneren Seele oder kommen ihr näher. Unsere Sinne sind hungrig, oder geben sich verschlossen, haben keine Angst vor Fülle oder fürchten den Moment, in dem eine Wahrnehmung entschwindet, kaum hat man ihr Glück erfasst. Im Bug eines stolzen, kräftigen und gutmütigen Schiffes lässt sich auf solche Dinge achten.

Reisende müssen erkennen und akzeptieren wollen, dass kein Glück dieser Welt festgehalten werden kann. Keiner kann angesichts eines schönen Ausblicks für immer da stehen bleiben. Und so reist der Mensch dann als Glücklicher, wenn er keinen fernen Horizont je erreichen muss, weil er weiss, dass es immer einen neuen gibt, der wieder lockt. Der Schreiner hat als Gegenmittel dazu unter anderem den Schaukelstuhl erfunden.

Derweil sitze ich zwischen Pendenzlisten und ordne mein Leben, oder das, was wir gesellschaftlich dafür halten, nach den Dingen, die getan werden müssen, um daneben auch und gerade in Ruhe gelassen zu werden – damit solches Denken Raum bekommt und die Gedanken reisen können.