Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Von der Kunst des Gemüts

∞  8 Dezember 2011, 21:25

Ein frohes, heiteres Gemüt ist die Quelle alles Edlen und Guten; das Grösste und Schönste, was je geschah, floss aus einer solchen Stimmung.

Friedrich Schiller



Aphorismen sind jene Art der Lektüre, in der wir uns ertappen, wie sehr wir doch an die heile Welt glauben wollen – und auch können? Es ist doch auffallend:
Der Schriftsteller, der Dichter Schiller spricht vom Grössten und Schönsten, was je geschah – ob erschaffen oder als Naturgeschenk wahrgenommen. Froh und heiter sollen wir sein, Edles und Gutes sollen wir anstreben. Schiller hat wohl so manches Wort geprägt, auf den Gutmenschen wäre er ganz bestimmt nie gekommen. Und sind wir doch ehrlich: Kunst heute will nicht das Schöne und Perfekte erschaffen – sie ist geprägt vom Wissen, dass alles schon mal da war, formuliert scheint. Ein Gedicht in Reimen – kann heute gar nicht mehr funktionieren. Reimte es sich perfekt, so würden wir den Inhalt bemäklen, ihn womöglich zu rund und geschliffen finden. Wir misstrauten der Perfektion, die wir heute allenfalls dem Design zubilligen wollen. Eine perfekte Form schafft nicht der Mensch, es ist die Maschine, der Algorhythmus, das Programmm. Die Kunst beschäftigt sich mit dem Widerspruch, der Kriitk, der Anklage, dem Missstand, der Wunde, in die man den Finger legt. Nun war das zu Zeiten Schillers nicht unbedingt anders, doch um gehört zu werden, benötigte man die Kunst der gewandten Form.

Aber wir sollten uns wirklich mehr um unsere Stimmung kümmern. Und uns der Wirkung, die wir damit haben, wieder neu bewusst werden. Es ist Adventszeit. Wir rödeln was das Zeug hält. Wir tun alles dafür, auf dass die Festzeit feierlich werde. Doch woraus entsteht Stimmung? Wir müssen sehen, was geboten wird, erkennen, was an Schönheit zu entdecken ist, stehen bleiben vor dem toll geschmückten Fenster. Wir müssen die Stimmung mitbringen, beitragen, uns berühren lassen, nicht nur uns rühren.
Und wenn uns keine grossen Sorgen plagen, dann ist gerade dieser Monat wie geschaffen dafür, es sich wirklich bewusst zu machen, das Glück, das täglich darauf wartet, wahrgenommen zu werden. Wir sollten es entdecken und dankbar sein. Beschenkte, welche um den Charatker ihres Geschenkes wissen, nie glauben, wie wären die selbstverständlich richtigen Empfänger – sie gehen mit ihrem Frieden auch bewusster auf die Strasse, ins Büro, nach Hause, in den Verein, die Beiz. Und bringen so eine Stimmung mit, die es allen einfacher macht, einen friedvollen Moment zu erleben – auch wenn sie selbst schwierigere Lose gezogen haben, hier und jetzt. Und aus solchen schönen Stimmungen kann neu gestärkte Haltung werden.

Es ist schon so: Ein bewusst angenommenes Leben ist ein Kunstwerk.