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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Tarife und ihre Grenzen

∞  7 August 2007, 14:17

Im Herbst sind in der Schweiz Parlamentswahlen. Der Wahlkampf hat vor einigen Wochen, wie in der Schweiz üblich, langsam begonnen. Nun sind die ersten Wortmeldungen der Gewerkschaften zu hören, die in solchen Jahren auch etwas heftiger ausfallen, wenn es um die anstehenden Lohnverhandlungen geht.
Es werden bis zu 4% Lohnerhöhung gefordert, fürs Bundespersonal sogar 5,5%.

Ich will die Berechtigung solcher Forderungen nicht werten und vertraue am Schluss auf die Pendelwirkung jeder Verhandlung, in der sich die Extreme irgendwo in der Mitte annähern sollen.

Nur folgende Feststellungen sind für mich klar:

Die fehlende Unternehmerkultur in den Manager-Etagen unserer Firmen, wo die “Verantwortungsträger” null Risiko tragen aber höchste Löhne kassieren, war noch nie so ausgeprägt. Während Unternehmer eigene finanzielle Risiken eingehen – und trotzdem oft die höhere Arbeitgeber-Ethik besitzen als Manager von Publikums-Aktiengesellschaften, profilieren sich diese oft vor allem durch Restrukturierungsmassnahmen. Hier entsteht seit Jahren schleichend immer mehr sozialer Sprengstoff, und zwar nicht nur an der untersten Basis, sondern auch im niederen und mittleren Kader.

Die Forderung nach Reallohnerhöhungen ist verständlich, denn die Wirtschaft wächst. Sie steht aber je länger je stärker im wettbewerbsbedingten Gegensatz zum immer enger zusammenrückenden und transparenteren Weltmarkt: Ist die Firma erfolgreich, schreibt sie enorme Gewinne, ist sie es nicht, sind die Verluste sehr viel schneller gravierend als früher.
Das Risiko tragen vor allem die “normalen” Arbeitnehmer, nicht zuletzt in der ersten Welt, indem sie viele Zusatzleistungen gestrichen bekamen. Dass dies so sein muss in einem prosperierenden Gesamtumfeld, darüber lässt sich zumindest diskutieren…

Ein Unding ist es aber, wenn es in Deutschland Berufsgruppen gibt, die seit mehr als zehn Jahren keine Tarifanpassungen mehr gesehen haben – also offensichtlich nicht einmal einen Teuerungsausgleich.

Mir scheint es, dass dies in der Schweiz zwar auch nicht ausgeschlossen werden kann (gerade bei Staatsangestellten), dass es aber eindeutig sehr viel stärker eine Kultur dafür gibt, zumindest die Teuerung jedes Jahr auszugleichen. Aber wahrscheinlich rede ich auch hier eher von den Unternehmern als von Aktienfirmen…



Bildquelle: karikatur-caroon.de