Mein Schreiben. Täglich.

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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Soziale Kompetenz?

∞  13 März 2014, 21:59

Der Ausdruck ist auch so ein modernes Schlagwort, das zuerst mal uns Alle demaskiert: Dass Menschen, in Gemeinschaft lebend, die Kompetenz dafür auch mitbringen, sollte eigentlich nicht zu einer entsprechenden Hervorhebung und Verschlagwortung führen, oder? Aber was bedeutet sie denn wirklich, diese Soziale Kompetenz? Aktuell kann es nun leidenschaftlich anhand einer konkreten Person diskutiert werden: Ist Uli Hoeness nun ein Steuerbetrüger, Zocker und selbstherrlicher Feldherr, oder der Macher, väterliche Chef seiner Angestellten, Gestalter eines Fussballmärchens und von hunderten von guten Arbeitsplätzen, der sich einfach fürchterlich verdribbelt hat?

Die Krux an diesem Beispiel dürfte sein, dass beides richtig ist.

Ich will mich gar nicht dazu versteigen, hier eine Wertung vorzunehmen, ob das eine das andere aufwiegt oder umgekehrt entwertet. Tatsach ist: Ein selten kompetenter und leidenschaftlicher Fussballmanager hat DIE Marke des internationalen Club-Fussballs und den finanziell gesündesten und sportlich weltweit erfolgreichsten Fussballverein massgeblich mit gestaltet und nebenbei auch seine Wurstwarenfabrik weiter ausgebaut und wirtschafltich auf sehr gesunde Füsse gestellt.

Dieser Manager ist dabei mit seiner oft auch kompromisslos wirkenden Art bei der Konkurrenz durchaus mal angeeckt, aber er hat sich immer auch Gedanken um die ganze Branche gemacht, und nicht zuletzt dank ihm hat der FCB nie mehr Geld ausgegeben, als er auch eingenommen hat – und manchmal ist auch dieser Sinn für den Schutz oder die Unterstützung des Einzelnen, zumal, wenn es sich um seine Angestellten handelte, durchgedrungen, auch in der Öffentlichkeit, ohne dass er das moniert hätte. Aber immer mal wieder hat jemand, manchmal auch ungefragt, aus dem Nähkästchen gepaludert, wie Hoeness und der FCB eben nicht nur ein forderndner Arbeitgeber war, sondern auch Hilfestellung geleistet haben, wenn jemand wirklich in der Sch.. steckte. Ich glaube nicht, dass es einen zweiten ähnlich exponierten Arbeitgeber wie Uli Hoeness gibt, bei dem sich so wenig Schlechtes in Erfahrung bringen lässt, befragt man seine ehemaligen Angestellten. Und sein soziales Engagement war und ist beträchtlich.

Die Krux ist, und das ist so unendlich schade, dass dieser Mann es nun nötig hatte, in einem Gerichtsverfahren auf diese seine guten Seiten hinzuweisen. Denn dieser gleiche Mann ist am Phänomen gescheitert, das viele solche Macher irgendwann einholt: Sie rackern sich schief, sie treffen viele einsame Entscheidungen, sie überholen auch mal rechts, wenn’s nicht anders geht, aber sie vergessen nie, wer ihnen dabei behilflich war – und sie geben mehr, als sie müssten, vor allem und gerne dort, wie sie gar nicht müssten. Etwas Müssen, aber, das wird zu Problem. Die eigene Erfolgsgeschichte wird eine Art Persilschein, sich auch in eine Selbstherrlichkeit hinein zu denken: Investiere ich das Geld direkt, spende ich selbst, so wird was Gscheites daraus. Der Staat aber ist ineffizient, gefährdet unsere Wettbewerbsfähigkeit, ist zu teuer, kennt ein Giesskannenprinzip, ist pleite, behindert statt fördert.

Und genau so, wie man Gehör findet in seinem Metier, genau so definiert man sich dann manchmal gewisse Regeln um. Kommt die Leidenschaft dazu, oder gar eine Sucht, dann wird der Selbstherrliche manisch und verliert sich komplett im Gefühl, unangreifbare zu werden, immer den richtigen Kniff zu kennen und alles zu Geld machen zu können. Das Leben ist ein Wettkampf und es ist so sexy, zu den Siegern zu gehören. Und die Gesellschaft liebt Sieger, die Politik sonnt sich mit ihnen und die Beachtung der Medien ist ein Segen, denn tatsächlich hat man ja auch eine ganze Menge zu sagen. Am Ende biegt man sich mit jedem Satz im Stillen die Wahrheit zurecht, bis man abgehoben hat.

Im Resultat hat Uli Hoeness die Strahlkraft seines Wirkens gleich selbst ausgelöscht. Unzählige Menschen sind im Grunde fassungslos, dass ein solch kantiger Charakterkopf, mitten aus der anerkannten Spitze der Gesellschaft, der alles hatte, was sich alle andern wünschen mögen, dann doch keinen Deut besser ist als jeder Andere, der glaubt, was noch Besseres zu sein.

Was ihm bleibt, ist hoffentlich die Dankbarkeit seiner oben angesprochenen Mitarbeiter, die Anerkennung der Tatsache, dass er der richtige Mann am richtigen Ort war in allem, was er offiziell tat, und die Hoffnung, dass er mit seiner Zockerei nicht mehr zerstört hat an seinem Lebenswerk, als seinen Ruf.

Wenn es dabei bleibt, ist diesem Mann zuzutrauen, dass er auch dafür eine Strategie findet, wie er damit umgehen kann. Bis dahin werden noch ein paar Prozessrunden folgen, mit sehr viel Taktik, die ja schon das Spieldiktat übernommen hat, und wir alle wollen mal hoffen, dass daraus nicht doch noch ein Schmierentheater wird. Das hätten dann wirlich alle nicht verdient: Hoeness nicht, obwohl er vielleicht entsprechend beraten wird, der FCB nicht, und seine Fabrikangestellten erst recht nicht.

“Schau’n mehr mal” – wie es sein Spezi Beckenbauer wohl festhalten wird – wird als Motto nicht genügen…