Mein Schreiben. Täglich.

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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


SMS zum Tag: Das Lächeln des Alters

∞  16 April 2009, 18:10

Das Lächeln in einem alten Gesicht zeugt von der Kraft eines ganzen Lebens.Es liegt darin ein Zauber ganz besonderer Anziehung voller Versöhnung und Hoffnung.


Charlie Chaplin hat mal gemeint, es komme das Alter, wo selbst das Lachen schmerzt.
Wir alle kennen betagte Menschen, möchte ich mal vermuten, bei denen wir ermessen können, dass es nicht immer leicht sein kann, am Morgen aufzustehen und positiv in den Tag zu gehen. Und doch wollen wir nichts wissen von allfälligen Ängsten. Stattdessen verhalten wir uns oft so, wie Schüler, die sich in der Schule für die suchenden Blicke der Lehrerin unsichtbar machen möchten, wenn sie eine Frage gestellt hat, die wir nicht beantworten können. Und in unserer zivilisierten Wohlstandswelt gilt wohl mehr als in jeder anderen, dass dies meistens durchaus auch mit dem Schülergefühl zusammen hängt, die Hausaufgaben nicht gemacht zu haben:

Was bedeutet das Leben? Altern. Das Gehen eines Weges an dessen Ende Ungewissheit wartet, Abschied, Schmerz, Verlust von Kräften, Bewusstsein, Energie. Die Erkenntnis, nichts mehr aufholen zu können. Wenn wir so altern, wie wir gelebt haben, dann haben wir wohl alle allerschnellstens eine Menge zu tun, wenn wir es gut mit uns meinen.
Das fällt nicht unbedingt leichter in einer Gesellschaft, welche ihre Aufgabe nur noch darin sieht, Pflegeplätze zu schaffen. Alte und kranke Menschen sind für die Gesellschaft nur unsichtbar tragbar. Provozierend, aber nicht ganz falsch kann man sagen, dass wir uns gleich verhalten wie beim Drogenproblem. Einfach weg von der Strasse bitteschön. Die schöne Ordnung gilt als Beweis dafür, dass alles zum Besten bestellt ist. Wir orten “ein Problem” und lösen es, gesellschaftlich, an Stelle der Familie, die es über drei Generationen empfunden nur noch als Erzählung guter alter und damit verklärter Zeiten gibt.

Da ist vielleicht wieder einmal ein Blick auf die Kulturen angebracht, die nicht in unserem Wohlstand leben und in denen ein würdiges Alter sehr wenig mit Komfort oder auch nur mit der Linderung von Beschwerden zu tun hat – aber viel mit dem Ansehen eines Menschen in seiner Familie. Ahnenverehrung, wie sie in praktisch allen Völkern in früheren Zeiten bekannt war und Respekt vor dem Alter, Verpflichtung zur Fürsorge – diese Dinge mögen nicht wirklich zusammen gehören. Und doch würden Menschen, deren Sterben nahe sein muss, nur schon darum unseren Respekt verdienen, weil sie beschäftigen muss, was wir verdrängen.


Wenn ein solcher Mensch , dessen Leben wenn möglich nicht nur in der Gegenwart, sondern auch in seinem ganzen Werden sehr viel beschwerlicher war, als wir es je erleben müssen, ein Lächeln im Gesicht hat, dann ist es, als würde er ein behagliches Feuer in uns entzünden. Was beinhaltet mehr Hoffnung, als dieser kleine Moment, in dem verheissen wird, dass zu allen Zeiten alles gut sein und ein Frieden in uns wohnen kann? Es ist nur ein Moment, mögen Sie sagen, eine Regung, ein Hauch, ein Windstoss, der ein Blatt davon trägt. Vielleicht. Aber woher ist er gekommen? Und worin liegt die Kraft, die uns an dieses Lächeln erinnert, ganz anders und tiefer, als die Begegnung mit einer schönen Frau? Schönheit ist hier keine Frage des Typs, des persönlichen Geschmachs. Schönheit liegt in der möglichen Erfüllung.

Ich muss keine Worte machen. Wir alle wissen es: Wir sind unseren Alten für nichts so dankbar wie für jedes Vorleben von Gelassenheit und Zufriedenheit, für die Weisheit, ohne jeden Fatalismus im Ist zufrieden zu werden. Was für eine Erlösung das ist: Sagen zu können, dass genau dies meine Geschichte ist, so wie sie gelebt wurde und nun ausklingen mag. Aber so lange es Gott gefällt, will ich noch immer das Glöcklein sein, das auch fröhliche Klänge beisteuert ans Leben in mir und um mich herum.

Zum Bild:
Der Frau habe ich bei Angkor Wat ein Shirt abgekauft. Souvenirverkauf ist in Kambodscha meist die Arbeit von Kindern. Diese Frau war die Ausnahme von der Regel – auch in ihrem Lächeln, das sie am Ende eines weiteren langen Tages noch immer wie eine frische Blüte schenkte und das doch nach innen gerichtet schien, beseelt von einer Kraft, die ich vielleicht nie besitzen werde. Für Ansicht in Farbe aufs Bild klicken