Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Roger Willemsen - eine unbeholfene aber aufrichtige Hommage

∞  18 Dezember 2012, 21:10

Printscreen www.roger-willemsen.de




Er ist im klassischen Sinn ein Intellektueller. Aber ein Kopfarbeiter, nein, ein Kopfkünstler mit Herz und unglaublich sensitiven Ausdruckstalenten. Seine Sprache kann prägnant sein oder poetisch. Im Gespräch würden sich seine Sätze überschlagen, gelänge es ihm nicht, das Stakkato der sich ständig folgenden Gedanken mit einer überwältigend vielfältigen Sprache zu bändigen: Die Kaskade der sich ablösenden Sätze wird zum Redefluss, von dem ich regelmässig mitgerissen werde.

Dass er dabei hervorragend zuhören kann, beweisen mehr als 2000 Interviews mit Grössen dieser Welt, auf allen Kontinenten, aus allen Sparten. Dieser Mensch ist ein von Neugier getriebener Reisender, der mit Worten im Notizbuch genauere und farbigere Bilder von dem zeichnet, was er sieht, als ich mit der Kamera schiessen kann. Er liebt die Menschen, und die Frauen lieben ihn für seine Feinsinnigkeit und seinen männlichen Humor ohne Machogehabe. Er ist Autor, Regisseur, Mensch und politischer Zeitgenosse, der durchaus auch den Mut mitbringt, für eine lohnende Sache den Kragen zu riskieren, ohne Hasardeur sein zu wollen. Dafür sieht er seine Rolle viel zu sehr im streitbaren Wort und in der verbindenen Beobachtung, die da fragt: Siehst du, fühlst du, begreifst du es auch?

Er heisst Roger Willemsen – und ist für mich so gross wie er lang ist.

Hager, runde Brille, krause Haare, grosse Nase, markante Lippen, schmales Gesicht. Und immer blitzen die Augen und sind halten die Ohrmuscheln die Gehörgänge frei. Er saugt alles auf und verarbeitet laufend, was er erfährt. Und das ist eine ganze Menge, von Robert Altman bis Lech Walesa, von jedermann. Er schaut hin uns sieht Dinge, die unser eigenes Leben farbiger machen würde, könnten wir nur seinen Blick lernen, seine Aufmerksamkeit, sein Aufgewecktsein.

Am Anfang meiner Begeisterung stand “Willemsens Woche” und sein Zusammenspiel in dieser Sendung mit Michel Petrucciani aktuell lese ich “Der Knacks”, und sein neuestes Buch voller Lebensbeobachtungen von Alltagsmomenten, “Momentum”, werde ich gleich verschenken.

Dass sich Roger Willemsen auch bestens beim bayuwarischen Urgewächs des politischen Kabaretts behauptet, ja, da geradezu ein Heimspiel hat, lässt sich bei “Pelzig hält sich”

beobachten und hören.

Ich will mit der Reflexion des politischen und gesellschaftlichen Zeitgeschehens durch diesen Mann älter werden, und hoffe, dass mich dabei immer wieder die Poesie der Sprache über jede Verzweiflung über verstockte Menschen hinweg tröstet.