Mein Schreiben. Täglich.

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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Respektabel leben, real in allen Netzen

∞  12 April 2008, 21:26

Es gibt ein Leben neben dem Bloggen. Sogar im Internet. Aber natürlich auch und vor allem daneben, on real, sozusagen. Wobei ich glaube und finde, dass diese Unterscheidung zwischen real und virtuell ein Trugschluss ist. The Real Life ist nicht selten mindestens so sehr von Vorhaltungen und Aussparungen geprägt, wie unser Verweilen im Internet. Und es ist auch virtuell möglich, als Teilnehmer am weltweiten Netz, Persönliches zu vermitteln, Authentizität zu entwickeln.

Die Frage Wer bin ich und wie erkenne ich mich in meinem Tun? ist immer gültig. Und sie ist nicht wertend gemeint, sondern mehr ein Leitfaden für den Versuch, immer sich selber bleiben zu können.

Im Internet erlauben “Profile”, Benutzernamen, virtuelle Existenzen ein Leben in Phantasie, oder ein scheinbares Abgrenzen von Teil-Aspekten der eigenen Persönlichkeit. Ich lasse weg, was mir nicht gefällt, erfinde Neues, werde angriffig, weil mir nichts angehabt werden kann oder ergebe mich dem Rausch der Selbstdarstellung in der Wunschvorstellung.

Alle Menschen reissen sich in allen Welten den A… auf, weil sie im Grunde immer das gleiche wollen: Anerkennung.

Es ist ein weiter Weg, bis man erkennt, dass ein arverwandtes Wort, das scheinbar weniger schwer zu erreichen ist, genügen würde: Respekt.
Nur: Wirklich Frieden schenkt nur der Respekt gegenüber sich selbst.

Aber im Wissen darum, wie wichtig und segensreich das sein kann und sein wird, können wir schon mal damit anfangen. Habe ich Respekt für meinen Gesprächspartner? Für meinen Chef. Meine Untergebenen?

Auch die private Beziehung braucht den Respekt. Dringender als alle anderen, und in keinem Fall ist er selbstverständlich für immer vorhanden. “Man liebt sich doch”, und dann ist der Respekt “natürlich” gegeben. Und irgendwann hat man den Partner das erste Mal bloss gestellt vor anderen, oder nicht verteidigt, man vergisst eine Galanterie, die Zuvorkommenheit, weil sie nicht mehr selbstverständlich gelingen will.

Kann ich mich respektieren, wenn ich das bemerke? Warum denn geschieht das nicht, fällt mir meine Unachtsamkeit, meine Gleichgültigkeit nicht auf, zu lange nicht auf? Das so genannte Real Life kann sich in vielen Teilen verflüchtigen, verdampfen, in Watte sich packen und schliesslich virtuell, theoretisch, unkörperlich, irreal werden.
Respekt. Fürs Internet wie für zu Hause eine gute Grundlage. Und auch fürs stille Kämmerlein, wenn wir mit dem eigenen Ego allein sind.


Bildquelle: swr3 zum Thema Respekt