Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Nach dem Erfolg

∞  18 Juli 2012, 16:48

Es gibt so Momente, in denen ich mitten in einem gelesenen Text einfach innehalten muss: Wenn ich auf Sätze stosse, die einen Fensterladen aufreissen: Ich schaue durch den Satz hindurch und sage:

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Boah, genau das ist es. Und meist sind das auch noch ganz einfache Sätze, als wollte die Wahrheit auch in der einfachen Form, in der sie daher kommt, offenlegen, wie einfach alles ist, wie klar. Kompliziert sind nur unsere Versuche, da raus zu kommen – oder umgekehrt etwas anzufangen, mit dieser Wahrheit.

Jetzt fehlt, wie bei jedem grossen Erfolg, nur noch eines: eine Fortsetzung.
[Tina Hildebrandt in einem Artikel über Gerhard Schröder in der Zeit No. 29/2012]

Genau das ist es! Wir Menschen fragen immer nach dem Danach. Aber was kommt nach dem Gipfel? Das ist das Problem. Es ist, irgendwie, nie genug. Das was wegbricht – wir können es nicht gehen lassen, nicht wahr?

Dabei hätte ich da einen Ansatz: Wie wäre es, wenn man dem, was man tut, das mögliche Scheitern zubilligen könnte. Ich meine, wirklich: Was man versucht, besitzt seinen Wert im Prozess, und dieser Wert ist nicht abhängig von äusserer Anerkennung, oder von einem messbaren Erfolg. Nach dem Bergsteigen mit Wandern weiter machen. Aber wer kann das schon?

Mit nichts ist schwieriger umzugehen als mit dem grossen Erfolg. Er verändert uns Menschen mehr als jede Mühsal es könnte. Das mag für jene, die gerade bis zur Unterlippenkante in Problemen stecken, wie Hohn klingen. Sie wären noch so gerne in so einer anderen Haut. Eine solche Veränderung aber tatsächlich mit zu machen, kann auch zu einer Hölle werden. Vielleicht wird es dies zuerst für ein bestimmtes Umfeld des Erfolgreichen, aber am Ende ist diese Person dann allein mit sich, also mit jemandem, den er selbst lieber nicht kennen würde, dem aber viele neue Freunde hofieren. Ein grosser Erfolg verändert alles. Auch, weil er nach ganz neuen Massstäben zudeckt und offenlegt, blenden lässt und auch verstecken. Alles ist so leicht – bis man die Leere dahinter nicht mehr verscheuchen kann.