Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Lokalkoloriges II

∞  3 Mai 2012, 08:50

In der Schweiz werden viele Strassen gebaut. Und sie werden sicher gebaut. Oder auf jeden Fall so, wie man annimmt, dass es sicher ist. Und beruhigend. Verkehrsberuhigt.

Wir diskutieren eigentlich selten darüber, ob es eine Strasse wirklich braucht, aber ganz sicher, wie man sie baut. Bauen sollte. Und wie man die schon gebaute Strasse umbaut. Sicherer macht.

Nachdem die Nationalstrassen, wie der Bund die Autobahnen nennt, wenn nicht zu Ende gebaut so doch in ihrem Netz praktisch festgelegt sind und mehr nicht mehr geht, hat sich das allgemeine Interesse und die Konzentration im Strassenbau auf den Bau von Kreiseln und alle möglichen kreativen Lösungen für Tempo-30-Schlingerpfade verlagert. Manche dieser Massnahmen und Lösungen machen tatsächlich viel Sinn und gerade Kreisel machen in aller Regel eine befahrene Kreuzung wirklich sicherer.

Unser Flecklein Erde scheint allerdings in Sachen Verkehrsberuhigungen gar wilde Blüten spriessen zu lassen. Im Nachbardorf mussten Verengungen auf der Dorfstrasse wieder rückgebaut werden – auch dafür gibt es schon einen richtigen Fachbegriff mit positivem Grundton – weil der Ortsbus gar nicht mehr durch die Schlingerwege navigieren konnte. Und nun haben sie sich also an unsere Verbindungsstrasse in Birmensdorf gemacht. Im Resultat fahren wir nun auf einer Strasse ins Dorf, die mehrere Verengungen aufweist, teilweise knapp hinter einer Kurve. Und wo es keine Kurve gibt, wird eine aufgesetzt – warum es mitten auf einer Abzweigung einen Knubbel geben muss, ist wohl nicht nur mir ziemlich schleierhaft. Einen Busfahrer habe ich schon über alle diese Errungenschaften fluchen gehört. Aber die Typen kann man ja nicht ernst nehmen, die sind wohl wegen der Lappalie im Nachbardorf etwas voreingenommen.

Wir schlängeln uns also auf einem Provisorium ins Dorf hinunter und nachher wieder hinauf, denn die definitiven Markierungen, Signalgebungen etc. sind seit vielen Monaten noch nicht angebracht. Dafür stehen meist zusätzliche schwere Baumaschinen noch an der Strasse rum und bei jedem fünften Befahren der Strecke droht einem entgegen kommenden Choleriker die Lippe zu platzen, wenn er an der Verengung warten muss, um danach mit aufheulendem Motor davon zu schiessen. Auf dem Strassenstück ist übrigens nicht 30 als Höchstgeschwindigkeit vorgeschrieben, wahrscheinlich, weil das nach Strassenverkehrsgesetz gar nicht vorgesehen ist. Ich möchte wirklich gerne wissen, ob die Statistik der (hoffentlich nur) Blechschäden auf dieser Strasse jetzt besser ist als zuvor…?

Verkehrspolitik als Verhinderungspolitik hat einfach etwas Verlogenes…

Was so einige aus unserem Dorfteil besonders erregen dürfte, ist die Tatsache, dass es hier genau um jene Verkehrsachse geht, die uns als einzige mit dem Dorfzentrum verbindet. Und um jene Strasse, für die man lange eine Einbahnregelung diskutiert hat. Mit der nun getroffenen “Lösung”, die Gegenverkehr “reguliert”, vergrault man manchen zum längeren Umweg über die “nahe” Autostrasse. Die nächsten Diskussionen, ob und wie unser “abgehobenes” Quartier überhaupt Teil des Dorfes sei, werden so nicht lange auf sich warten lassen.