Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Kampf mit links

∞  31 Juli 2013, 15:02

Heute erzähle ich eine kleine Geschichte von jemandem, vor dem ich damit gleich auch den Hut ziehen möchte, weil diese Person sich Lebensqualität zu erhalten versucht, und dafür ein gehöriges Mass an Disziplin aufzubringen bereit ist – und sich in keiner Weise darum schert, wie andere das belächeln mögen.

Man kann es immer wieder hören in Sportvereinen. Diejenigen, die wegen Verletzung für länger ausfallen, sind gar nicht so selten. Und da ich älter werde und mit mir meine Entourage, kommt das je länger je häufiger vor. So ist es eben, leider. Und gerade Männer legen dann den Sport zur Seite, wenn sie aus gesundheitlichen Gründen nur schon kürzer treten müssten. Dann lieber ganz bleiben lassen, statt ein Jammerbild abzugeben, und sei es auch nur vor dem inneren eigenen Auge.

Aber es gibt auch andere Beispiele. Eine Kollegin hat eine komplizierte Schulteroperation hinter sich. Viele Monate ging gar nichts mehr, und eigentlich ist Tennis spielen vorbei. Eigentlich. Denn der Schlagarm ist davon am meisten betroffen. Und was macht die Frau am Beginn der zweiten Lebenshälfte? Sie wechselt die Schlaghand und spielt nun “einfach” mit Links Tennis. Sie nimmt als bestandene Spielerin sogar wieder Anfänger-Trainerstunden, um Hilfe bei der Koordination zu erhalten und sinnvolle Übungen neu zu erlernen. Im Kopf hat sie bei jeder Schlagvorbereitung und -durchführung ein riesiges Durcheinander, weil alles in ihr “rechts denken” will. Und für den Schultergürtel ist es schlicht auch so nicht ratsam, über Kopf aufzuschlagen. Also lernt sie einen Anfängeraufschlag, bei dem sie den Ball seitlich vom Körper treffen muss. Das alles ist unendlich mühsam und sieht auch noch verheerend aus (aber nur noch manchmal). Aber die Kollegin stellt sich auf den Platz und übt. Eisern. Ohne dass es auf mich verbissen wirken würde.

Und es dürfte sie schon beschäftigen, wie kläglich das manchmal wirkt, aber sie zieht es durch und lässt sich ihre Freude am Tennis nicht kaputt machen. Und was mir am meisten imponiert: Sie nimmt dies alles nicht auf sich, um besser zu werden, als sie zuvor war, sondern um auf einem tieferen Niveau neue Sicherheit zu gewinnen – und sich die Möglichkeit zu erhalten, ihren Sport weiter ausüben zu können.

Wie gesagt: Ich ziehe den Hut. Man kann solche Geschichten verschieden beurteilen. Warum sich quälen für ein Hobby und es nicht einfach durch ein anderes ersetzen, bei dem die Mühen geringer sind? Warum nicht in der Botschaft der Schulter das Verdikt erkennen, sich geruhsameren Dingen zuzuwenden? Aber gibt es hier richtig oder falsch? Ich glaube nicht. Aber darin steckt in jedem Fall die Message, dass, wer eine Sache liebt, nicht unbedingt Grund hat, für ein entgangenes Mass an Fertigkeit
sich davon abzuwenden. Man kann vielleicht auch die Freude am Sport neu lernen. Wer kleinere Brötchen bäckt, kann auch lernen, langsamer und genussvoller zu essen.