Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Internet - Unsere Zeitschleuder?

∞  3 November 2013, 23:52

Fahre ich den Computer hoch und begebe mich ins Internet, zu einer “Informationsrunde”, so kann ich nicht wirklich abschätzen, wo ich hängen bleibe. Überraschungen sind immer möglich, zumindest dann, wenn ich nicht einfach nur ganz spezifische Sportresultate suche. Zeitbedarf? Immer mehr, als ich eigentlich einsetzen wollte. Ist deshalb “das Internet” eine Zeitvernichtungsmaschine, statt ein Gewinn?

istockphoto.com/MHJ

Die Fragestellung ist “gefährlich”, denn die Antwort fällt auf mich als Blogger zurück. Denn hier mache ich, bevor ich “aktiv” werde, genau das gleiche: Ich lasse mich überraschen, was “jetzt”, heute, Thema wird, was mein Thema sein soll. Manchmal suche ich ein bisschen verkrampfter, manchmal lasse ich die Gedanken ganz entspannt wandern. Und es ist im Grunde wie beim Zeitungsleser: Dort, wo mich die Überschrift, der Grundgedanke inne halten lässt, wo ich einen Nachsatz denke, der mich weiter überlegen lässt, der mich halten lässt, von dort soll mein Text des Augenblicks herkommen. Und im Ergebnis erscheint dann mein Schreiben ein gutes Stück weit zufällig, negativ gesehen kann man die Blogthemenvielfalt dann auch “beliebig” nennen. Und dafür soll ich Ihnen Zeit abzwacken?

Die “Mission”? Kein festes Thema, keine Botschaft, der man Nachdruck verleihen will. Allenfalls:

Wage Lebenskunst! Und suche Lebenssinn.

Und:

Halte sie hoch, die Demokratie! Sei nicht nur Mensch, sondern auch Bürger!

Aber ich treibe auch Sport und spiele dabei mit Lust und Freude wie ein Kind, lasse für ein Eishockeyspiel oder einen Tennismatch oder ein Fussballspiel (jaaah, das ist reichlich viel) schon mal alle Sinnfragen und bürgerschaftliche Empörung sausen – und schreibe auch noch darüber, sapperlott.

Puuuuh, also, ist das jetzt Zeitverschwendung, was ich hier mache, als Leser, als Schreibender – und gehöre ich zu jenen, die ihnen nur die Zeit stehlen? Gut möglich. Wenn sie es so sehen und in einer bestimmten Weise angehen, so kommt kein Argument gegen dieses Faktum an (und es ist dabei egal, wo sie was lesen). Sie brauch(t)en Zeit und die fehlt Ihnen hinten heraus dann woanders garantiert. Zeit ist ein knappes Gut. Wäre dem nicht so, unsere Welt wäre eine ganz andere.

Wir stecken also ständig in dieser Herausforderung, mit diesem Gut umzugehen – und wir verlieren sie ständig. Ich glaube, das einzig Dumme daran, für das wir uns selbst in den A… beissen sollten, ist, dass wir “es” tun, wenn wir genau wissen, dass dafür nicht die Zeit ist – und wir dann “nur mal noch schnell” mit dem verfluchten Multitasking beginnen. Beginnen? Es vervielfältigen. Ich veranschauliche das mal:

Stellen Sie sich vor, Sie schalten am Sonntag den Computer ein und begeben sich ins Internet, mit folgender Ausgangslage:

“Ich bin gespannt, was ich heute entdecke.”

Oder sie schlagen die Zeitung auf, mit exakt der gleichen Motivation.

Machen Sie das, insbesondere mit dem Internet, so? Neee. Sie “gehen da rein”, und “checken zu Beginn gleich mal nur rasch ihre Mails”. Dann sind da die Social Medias, die ein paar Pieps “erfordern”, und aus diesen Anstupsern begeben sie sich dann tatsächlich auf eine Reise. Aber es ist nur der Gang in ihr Netzwerk, die Vergeltung von Aufmerksamkeiten, das Beantworten eines Hallos, und im Nu hat man ganz viel gehört, nichts aufgenommen, keine Ruhe gehabt aber viel Zeit verloren, hat da und dort angebissen im grossen Meer der Aufmerksamkeitshascher.

Das Internet sollte uns die Gefässe bieten, in denen wir tatsächlich über alle Distanzen und Hindernisse Kontakte pflegen können, die real nicht möglich sind. Das Internet kann uns reale Begegnungen vorbereiten helfen, sie nachwirken lassen, es kann begleitend so lebendig sein. Oder auch virtuell komplett reale Substanz für uns haben oder bekommen. Aber wir müssen dabei sein. Wir müssen uns selbst und dem Gegenüber – oder der Zeitung, dem Autor, dem Blogger – Konzentration schenken. Bewusst Zeit vergeben, einsetzen. Wir sollten uns weniger versäumen lassen – dafür manchmal bewusst verführen. Das wäre doch schön.
Dass wir am Schluss die Kiste ausmachen und sagen:

Mensch, drei Stunden vorbei? Wow. Und was habe ich in der Zeit alles erfahren – oder wie ruhig war es um mich? Regnet es eigentlich noch draussen? Und dann könnte man sich mit einem Kaffee ans Fenster setzen und überlegen, was das Nächste sein darf. Darf.