Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Höflich still

∞  30 August 2013, 15:38

Nachdem wir nach einer Städtereise nach Lissabon zum zweiten Mal Urlaub in Portugal machen, sehen wir ein paar scheinbar typische Wahrnehmungen bestätigt: Portugal ist anders südländisch als… ja, als was, als das, was man sich sonst so allgemein darunter vorstellt.

Ich habe hier unten ein Auto gemietet – und geniesse das Fahren auf den meist kleineren verwinkelten Strassen genau so wie auf den Verbindungsstrassen: Gerade wenn es enger wird, fehlen die Rowdies fast vollständig, und die Rücksichtnahme, das vorausschauende, frühzeitige Bremsen, wenn sich nur schon Fussgänger auf den Streifen zu bewegen, ist sehr auffallend. Ich habe bisher noch keine Situation erlebt, in der irgend jemand Ärger hinter dem Steuer gezeigt hätte.

Der Kontakt mit den Einheimischen ist stets freundlich, aber nie überschwenglich. Die Leute haben eine ruhige Art, sind oft eher ein wenig zurückhaltend, ohne dass ich das als unhöflich empfinde. Die Strassen sind abends voll, aber Portugiesen essen ganz offensichtlich deutlich früher als Spanier, und gegen Mitternacht wird es schon deutlich ruhiger. Generell ist das Tempo eher langsam, die Überschwenglichkeit fehlt. Es ist, als würden die Portugiesen die Sonne über die Haut aufnehmen, und sie erst dann zum Herzen vordringen lassen. Man sagt Ihnen ja auch eine gewisse Schwermütigkeit nach, aber ich will gar nicht alle diese Schubladen öffnen – und wenn doch, dann nur, um sie ein wenig mit Samt auszukleiden. Denn genau so augenscheinlich ist, dass die öffentlichen Anlagen sehr sauber sind und ich den Eindruck habe, dass, wer Arbeit hat, diese auch “richtig” machen will.

In den Zentren spürte ich wenig bis nichts von Krise, jetzt, wo wir etwas ausserhalb von Funchal wohnen, ist davon mehr zu spüren – wobei ich nicht weiss, wie hoch der Anteil leerer Ladengeschäfte oder brach liegender Baustellen eh schon immer war.

Ich fühle mich als Tourist hier – in positivem Sinn – in Ruhe gelassen und wünsche dem Land und seinem Volk wirklich, dass es neue Chancen erhält, sich zu behaupten. Es ist schön hier und es wird gute Arbeit geleistet.