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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Herzblut, wo kriegst du Nachschub?

∞  26 April 2013, 14:26

Vom Herblut der Führungsfiguren – und der schieren Unmöglichkeit, diesem Herzen auf Dauer genügend Blut zuzuführen.

Das Beispiel, das Jürgen Klopp gibt, mag ein extremes sein, aber die Frage ist schon erlaubt, und wenn es darauf eine Antwort gibt, und womöglich eine Patentierungsmöglichkeit, dann wäre damit eine ganze Menge Geld zu verdienen:

Wie schafft es einer, der so unter Strom steht, der für eine Aufgabe 120% gibt, oder wie auch immer wir den Einsatz mit Herzblut umschreiben wollen, wie also schafft es so einer, jemals runter zu kommen von diesem Engagement, abzuschalten, und eben NICHT an seine Mannschaft und das nächste Spiel und die aktuellen Aufgaben zu denken? Mir erscheint dies für einen Bundesliga-Fussballtrainer noch viel unmöglicher als für einen Manager in der Wirtschaft – weil es gar keine Chance gibt, eigentliche Privatsphäre aufzubauen: Es gibt immer irgend einen, der Dich erkennt und Dir womöglich unbedingt eine Frage stellen will.

Und Personalführung, bei welcher der Einsatz der Mitarbeiter ebenfalls ein so ganzheitlicher ist, bietet allein so viele ständige Baustellen, an denen man mit Intuition und Einfühlungsvermögen gefragt ist. Wie soll man da neben dem Verein, dem Arbeitgeber, noch so was wie eine private Gemeinschaft erhalten, für die da sein, in sie investieren können?

Will ein solcher Trainer nicht ausbrennen, muss er zudem Brennstoff zurück bekommen IN seinem Berufsumfeld – es gibt gar nicht genügend freie Zeit neben dem Job, dass dies anderswo aufgebaut werden könnte. Dass Sie mich nicht falsch verstehen: Vielleicht kann ein solcher Trainer mehr Präsenzzeit in der Familie addieren, als ein Spitzenmanager in der Wirtschaft, aber mir muss so einer nicht weismachen, er könnte dabei wirklich abschalten. Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, WIE das funktionieren soll.

Womit ich nochmals auf das Herzblut komme: Zur Fähigkeit, dieses vergiessen zu können, gehört die Eigenschaft, für den anderen zu denken, für das Projekt, für den Fortschritt oder eben das Fortschreiten. Es gibt immer etwas Unerledigtes, einen Grund für Unterstützung, einen Impuls, den nächsten Sondereffort zu leisten. So wird der Job zur Droge und die Herausforderungen, die er bietet, sind Antriebsmotor und Energiefresser in einem. Gerade aus diesem Mechanismus kommt der Irrwitz, als Mensch das zu sein, was einem die Arbeit an Rückmeldungen bestätigt.

Herr Klopp, es wäre wirklich interessant, zu erfahren, wie Sie das meistern. Wobei ich noch nicht mal nach dem Erfolg Ihrer Bemühungen fragen würde, das darf durchaus privat bleiben. Aber die Strategie würde mich interessieren, der Versuch, diese Luft zu bekommen. Oder sind Sie wirklich so ein cooler Hund, dass Sie Gelassenheit und damit Distanz zu gewissen Dingen genau so schnell “bringen” und einfach so abrufen können, wie die Leidenschaft für den Verein?