Mein Schreiben. Täglich.

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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Heisig nachholen, Sarrazin überholen, bitte!

∞  23 Dezember 2010, 20:12

Es ist bald Weihnachten. Zeit zur Besinnung, Zeit zur Reflexion, um Diskussionen, die das Jahr prägten, nochmals aufleben zu lassen und einzuordnen. Jeder Fernsehsender, jedes Medium macht das. Da kann ein Blog gut darauf verzichten. Aber als Menschen verhalten wir uns genau so. So gehen wir mit der eigenen Geschichte um, so versuchen wir einzuordnen, was geschah, und was uns auch im Neuen Jahr begleiten wird.

Mit etwas Abstand zum Siedepunkt der Debatte, mit der Erzählung einer biblischen Völkerwanderung als Hintergrund, auf der die Weihnachtsgeschichte zumindest aufbaut, befasse ich mich noch einmal mit der Debatte um die Ausländerproblematik in Deutschland (welche in ganz Westeuropa sehr heftig geführt wird) und mit zwei Protagonisten der Diskussion, die so unterschiedlich wahr genommen werden, dass die persönliche Tragik, welche diesen Personen zugedacht ist, auch auf uns zurück fällt:

Da hat also ein Finanzpolitiker und Bundesbankvorstandsmitglied ein Buch geschrieben, wonach Deutschland im Begriff ist, sich abzuschaffen. Demographie, für Viele zu Demagogie verbogen, wird per Statistik seziert und manche sozialpolitische Aussage statistisch untermauert und danach zurück interpretiert. Die hauptsächliche Krux ist die Generalisierung, die aus statistischem Material Thesen macht, die allzu schnell verallgemeinernd angewandt zum Politikum werden – so sehr, dass die Bundeskanzlerin das Buch verrissen hat, bevor sie es überhaupt lesen konnte. Alle Welt diskutiert mit, die Debatte wird an jedem Tisch im Fernsehen und in der Beiz geführt. Es geht immer um Gruppen, um Synonyme, um Menschenbilder, um “die Ausländer”, “die Schule”, “den Islam” etc. Gegen all dies kann man gerade deshalb sehr leicht argumentieren – aber auch dafür. Thilo Sarrazin erfährt viel “Aufmerksamkeit”. Er wirkt nicht unbedingt so, dass er alles davon gerne in Kauf nimmt. Die Anfeindungen könnten ihm innerlich sehr viel mehr zusetzen, als zu erkennen ist. Eine weitere Radikalisierung des Themas ist auch aus seiner Warte nicht auszuschliessen…

Während wir uns also den Mund fusselig reden, hatte mit Kirsten Heisig eine Jugendrichterin in Berlin auf Grund real sich in ihrem Tätigkeitsfeld manifestierender Fakten politische und praktische juristische Konsequenzen im Sinn – und postulierte eine sehr viel verbindlichere, straffere und schneller und klarer auch strafende Jugendstrafgesetzbarkeit – auch zum Wohl und zur Orientierung der betroffenen jungen Menschen. Die Botschaft lautete: Sich kümmern bedeutet auch, Ordnung durchzusetzen, notfalls mit Konsequenzen.

Heise erlebte vieles praktisch, das wir nur theoretisch diskutieren. Im Gegensatz zu uns und allen Politkern wollte sie aber auch die schnelle praktische Veränderung – und sie setzte sich dafür mit viel Sachverstand und hohem Mut ein. Wie Sarrazin wurde sie oft falsch verstanden, und manche wollten wohl gar nicht verstehen. Kirsten Heisig hat sich aufgerieben. Diese mutige Frau lebt nicht mehr unter uns. Sie hat sich das Leben genommen, und es passt zu ihrer Geschichte, dass öffentlich niemand genau zu berchten weiss oder will, woran sie genau zerbrochen ist.

Uns aber sollte sie nicht vergessen gehen. Denn sie versuchte genau das, was eigentlich not täte: Wenn man Missstände ausmacht, und sie anpackt, dann bedeutet das Veränderung (dass diese Veränderung oft nur darin liegt, dass bestehendes Recht verbindlich eingefordert wird, ist peinlich genug). Wenn nur darüber diskutiert wird, wird nur Wahlkampf gemacht.
Wir alle können etwas tun. Was? Es liegt glasklar auf der Hand:
Alle, die gelesen haben, wie sich Deutschland abschafft, aber nicht, was man dagegen tun kann, sollten dringendst in die Buchhandlung gehen, und Kirsten Heisigs Buch kaufen:

Kirsten Heisig:
Das Ende der Geduld
Konsequent gegen jugendliche Gewalttäter
Erschienen bei Herder Verlag , 26.07.2010
ISBN-10:3-451-30204-7
EAN:9783451302046

Ach ja: Als e-book kostet es CHF 12.60, zu beziehen z.B. hier