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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Google plus will Thinkabout nicht

∞  24 Oktober 2011, 19:38

Bis eines Tages Pseudonyme erlaubt sein weden bei Google Plus, ist es noch ein weiter Weg. Kurt Thinkabout wird es da auf jeden Fall in wenigen Tagen nicht mehr geben. Damit kann ich leben. Und alle anderen sicher auch. Aber: Will man sich fragen, ob Pseudonyme erlaubt sein sollen oder nicht, so muss man sich tiefer in mögliche Motivationen hineindenken. Und dann wird’s zeitintensiv und ünübersichtlich. Also doch alles eine Maschinensache?


Als ich 2004 ein Blog zu schreiben begann, tat ich das unter meinem Pseudonym “Thinkabout”. Ich ging davon aus, dass meine Themen durchaus einmal recht privater Natur sein könnten: Zum Tagebuch-Grundgedanken eines Weblogs sollte ja der Mut zu inhaltlicher Tiefe und Ehrlichkeit gehören. Die Verwendung eines Pseudonyms sollte mir dabei Sicherheit geben – und schien mir auch deswegen angebracht, weil meine mittelfristige berufliche Situation noch ungeklärt war und mir gerade die Reflexion im Blog helfen sollte, mir darüber klar zu werden, was ich wirklich anstreben wollte.

Mit den Jahren entstand ein Geflecht von Bloggern, Lesern und Begleitern, alle übers Internet und als Thinkabout kennen gelernt. Manche von ihnen habe ich privat getroffen, vielen schreibe ich immer wieder – immer mit Klarnamen und ohne Geheimnistuerei. Im realen Kurt steckt der virtuelle Thinkabout – und umgekehrt. Ich sah aber im Internet nie eine Kontaktbörse, über die ich gefunden werden wollte von alten Bekannten, Schulkameraden oder dergleichen – sondern wollte diesen Platz jenen reserviert halten, die mich als Thinkabout kennen lernten und im Netz mit mir diskutieren und sich austauschen wollten. Thinkabout hat ganz einfach eine Gestalt bekommen, ein Gesicht und ist als solches Teil meiner Identität.

Es gab in diesen Jahren auch heftige Auseinandersetzungen, in denen Thinkabout Menschen gegenüber trat, welche mit Klarnamen argumentierten. Das war für mich, einmal gewillt, gewisse Klarstellungen in solchen Fällen auch online fest zu halten, selbstverständlich Grund genug, mein Impressum mit Klarname und Adresse zu ergänzen. Mittlerweile ist es so, dass, wer immer dies will, herausfinden kann, wer Thinkabout ist, und umgekehrt alle, die mich im Internet unter Klarnamen suchen, ganz bestimmt auch auf Thinkabout stossen. Nun aber plötzlich mit diesem Klarnamen im Internet zu agieren, wie das Facebook und Google plus verlangen, käme mir fremd vor: Es wäre, als müsste ich mich gegenüber meinen Kontakten neu erklären.

Natürlich ist mir klar, dass die Verwendung von Klarnamen werbetechnisch gewünscht ist und die Vernetzungen in einer Community so erleichtert werden – aber ich will ja gar nicht die Konsumsau sein, die möglichst fett gefüttert wird – ich mag beitragen und profitieren durch Content und Diskussion, durch das Teilen von Entdeckungen im Netz – und die Kontakte pflegen sich nach meinem Verständnis noch immer am besten in der direkten Anrede.

Kurt Thinkabout gab es bei Facebook. Ich habe es schon länger (fast) ganz hinter mir. Ich habe die Einstellungen auf Seitenfunktion umgestellt und firmiere da als thinkabout.ch. Ich bekam so viel mitgeteilt, was mich rein gar nicht interessierte, und jeden Tag hatte ich mehrere Online-Spiele oder Geburtstagspräsent-Vorschläge weg zu clicken, dass mir das Ganze schlicht zu zeitintensiv wurde – mal abgesehen davon, dass ich mich fragte, ob ich nun wirklich wissen muss, warum sich wer wo gerade kratzt.

Durch die ersten Berichte von Google plus wurde ich neugierig: Da hat ja vielleicht jemand die Grundidee aufgenommen und sie besser umgesetzt? Und tatsächlich fand ich mich da sehr viel leichter zurecht, verzettelte mich viel weniger und bekam manches zu lesen, das leider parallel in keinem Blog zu lesen ist – z.B. die Postings von Katrin Passig.

Vor kurzem war dann zu lesen, dass Google plus Pseudonyme zukünftig erlauben will, und meine Spannung stieg. Würde am Ende hier eine neue Regelung dauerhaft gültig werden?

Nun: Ich habe Post bekommen, dass Google+ mein Konto schliessen wird, wenn ich nicht meinen Klarnamen verwende. Aus dem automatischen Text geht hervor, dass Ausnahmen dazu zwar im späteren Verlauf des Jahres geplant sind, aber nur Firmen und andere juristische Personen betreffen. Es ist also noch ein weiter Weg, bis Pressemeldungen, in denen eine veränderte Praxis angekündigt wurde, Realität werden. *
Und noch dies:
Schon immer wieder befremdend: Sie bekommen in einem solchen Fall eine automatisch generierte Mail von Google, sehr persönlich formuliert, mit der grossartig angebotenen Möglichkeit des Widerspruchs. Darunter sollte man sich aber keine Mail-Adresse vorstellen, an die man seinen Standpunkt senden kann – sondern schlicht einen Link, den man anklicken mag, worauf das eigene Profil nochmals überprüft werden wird. Unter “Kontakt” sind stets nur Möglichkeiten zu verstehen, aus einer Auswahl von Themen Antworten zu Fragen zu finden. Natürlich weiss ich, dass es die Kapazitäten von Google sprengen würde, jeden Fall einzeln zu bearbeiten – aber das beschleichende Gefühl, Logaryhthmen ausgeliefert zu sein, bleibt dennoch…

*

Links zum Thema:

Thinkabout by Google+
Kathrin Passig bei Google+
Pseudonyme auf Google Plus – Offener Brief an Google
Google-Nutzer revoltieren gegen Namenszwang
Google plus schafft Klarnamenzwang ab