Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Fastentag. Fast ruhige Tage.

∞  6 April 2012, 15:49

Karfreitag. Vielleicht der ruhigste Tag des Jahres. Der Einzige, an dem sich die Traditionen ein wenig an der Uhr fest gekrallt haben und diese langsamer gehen lassen.

Und ein interessanter Tag: Es wird mancherorts gefastet. Das kennt “man” ja wieder mehr als auch schon. Heilfasten, oder noch besser, Fasten als Teil eines Wellness-Programms, für viel Geld in weisses Frottee gewickelte Tage. Aber einfach so?

Karfreitag bis Ostern – das ist die bedeutsamste Zeit fürs Christentum, mit durchaus unterschiedlicher Ausprägung bei Protestanten und Katholiken. Es heisst zwar immer wieder, die Unterschiede in der Gewichtung wären heute abgeschwächt, aber selbst mir war Ende der Siebziger Jahre noch bewusst, wie deutlich grösser das Gewicht von uns Protestanten auf dem Karfreitag lag, während bei den Katholiken alles viel direkter auf den Ostersonntag und damit die Auferstehung ausgerichtet war.

Es geht wohl in der säkularen Wahrnehmung in unserer Gesellschaft oft ganz unter, dass die protestantische Strenge in der Glaubensausübung sehr viel puritanischer nachwirkt als der Katholizismus, der viel eher auch in Lithurgien und Riten die Sinnlichkeit anspricht. In der öffentlichen Wahrnehmung steht die katholische Kirche als stur und konservativ oft am Pranger. Die Herren Luther, Zwingli und Calvin haben ihre Reformationsbewegung aber nicht gerade in der Aufweichung lithurgischer Strenge und Disziplin zum Erfolg geführt, sondern eher im Gegenteil. Es mag sein, dass die weltliche Nähe die evangelische Kirche näher zur Gesellschaft rücken lässt, lebendiger Glaube lässt sich damit noch nicht leben – nur die Voraussetzungen könnten dadurch verbessert erscheinen.

Auch so ein irdischer Brauch wie die Fasnacht dürfte Evangelikalen bis in unsere Tage manche Augenbraue in die Stirn gezerrt haben. Es ist eine Krux mit den Kirchen, wenn sie Politik machen, also Religion, statt sich darauf zu konzentrieren, die Botschaft Christi zu verkünden. Dieser Tage ist endlich mal ein wenig Ruhe dafür da, und es wäre zu wünschen, wir würden in der Botschaft der Gottesliebe mit Sündenvergebung die Überwindung allen menschlichen Leids durch göttliche Gnade glauben können und damit einen Mutbeweis für die Zukunft erbringen wollen: Wie viel ruhiger würden wir uns den Problemen stellen!

Das Leid und das Durchleiden schwerer Phasen ist uns zugedacht, ja, aber die Überwindung ist möglich und Teil der innersten menschlichen Kraft, die ihr Schicksal annehmen und durchleben kann, ohne die Fähigkeit zur Güte für sich selbst und andere zu verlieren – mit Gottes Hilfe kann es gelingen, mit dem Sinn für die spirituellen Wahrheiten und unsere wirkliche Bestimmung, dessen Wahrnehmung uns allen in uns selbst offen steht.