Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Die Utopie von der Selbstbeschränkung

∞  12 Mai 2014, 21:32

Man kann nicht alles haben. Der Satz ist nicht neu, und eigentlich gilt er ja auch heute. Aber ich glaube, es gibt einen deutlichen Unterschied: Wir haben heute viel mehr als unsere Grosseltern das Gefühl, dass uns eigentlich alles möglich sein sollte.
Und haben wir uns etwas in den Kopf gesetzt, so akzeptieren wir eigentlich kein Nein mehr. Von niemandem.

Wir suchen ständig nach dem imaginären Optimum, und weil unserem beschränkten Horizont gemäss daraus folgt, dass wir dieses Optimum nie kennen, muss es einfach immer noch ein wenig mehr sein. Und den Folgen, die unser Tun haben kann, begegnen wir mit Gleichgültigkeit, ein Stück weit auch dann, wenn sie uns selbst betreffen können.

Wie ich heute im Radio gehört habe, wird es eine neue HIV-Kampagne geben. Die genau das aufnimmt und im Grundtenor aussagen will: Weil ich mir ganz persönlich alles erhalten will, schütze ich mich. Aber es ist gegen Windmühlen gekämpft. Denn gerade die Männer um die 40, im Beziehungsstress oder nach dem Beziehungsgau, wollen sich den ungeschützten Sex nicht nehmen lassen. Sie haben ein Anrecht darauf, finden sie. Das ist zwar die dümmste aller möglichen Denkweisen, aber sie ist mehrheitsfähig. Und die möglichen Folgen? Pustekuchen. Ist ja behandelbar. Zwar sehr teuer, aber immer seltener mit Nebenwirkungen behaftet – HIV ist nicht länger eine tödliche Pest, sondern nur noch eine chronische Krankheit wie (schwere) Diabetes. So was in der Art. Und das juckt kaum jemanden mehr. So gleichgültig ist er seiner eigenen Lebensqualität gegenüber eingestellt. Da mag man schon fast verstehen, dass ein bisschen ungeschützt rumvögeln ein Highlight in diesem Leben darstellen mus.