Mein Schreiben. Täglich.

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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Die USA tickt in Vielem einfach anders

∞  1 November 2012, 19:49

Sandy ist weitergezogen, hat New York hinter sich gelassen und irgendwann deutlich an Kraft verloren. Noch immer aber sind ganze Quartiere in der Metropole ohne Strom. Die höchst dürftige Infrastruktur tritt offen zu Tage, und sei es auch nur mit gebrochenen Strommasten oder herabhängenden Kandelaber-Kabeln. Doch ändern wird sich wenig.

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Der Hurrikan zeigt wieder mal schön auf, in wie vielen Dingen Amerika grundlegend anders tickt als das alte Europa. Stromausfälle zu kompensieren ist drüben noch immer Sache des Einzelnen, also auch der einzelnen Firmen.

Ich traue meinen Ohren nicht, wenn ich im Radio den Korrespondenten erzählen höre, und er erklärt, dass die meisten Strassen und die Infrastruktur als Ganzes, also auch die Stromleitungen, in hohem Mass unzeitgemäss sind, um nicht zu sagen veraltet. Angesprochen auf die Konsequenzen, lautet seine Einschätzung:

Das Problem mag man kennen – aber für gründliche Investitionen in die Infrastruktur fehlt es am politischen Willen.

Und er hat nicht “der Republikaner” oder “der Demokraten” angefügt. Nein, in den USA gibt es den Ansatz nicht, den jeder Entwicklungshelfer zu beherzigen versucht: Grundlage für die Verbesserung der wirtschafltichen Chancen ist der Ausbau und Unterhalt der Infrastruktur.
Dass es also eine staatliche Fördermassnahme wäre und der Staat dafür auch Steuergelder einsetzen könnte, ist aber in Amerika irgendwie undenkbar. Und so bin ich nicht sicher, ob das Mantra der Wirtschaft, möglichst wenig Steuern einzutreiben, am Schluss wirklich die einzelnen Unternehmen wettbewerbsfähiger macht: Es gibt, einen Staat mit öffentlichen Aufgaben, und dazu gehören möglichst gerechte Bildungschancen für alle wie die Sicherheit der Energieversorgung. Überlässt man solche Aufgabenkomplexe der Privatwirtschaft, helfen sich am Ende Wenige selbst.

Noch eine Woche Wahlkampf, dann geht der kapitalistischste aller Staaten seinen Weg weiter – und wir hinterher, wie es scheint. Denn wir haben so lange gehört, dass die Steuern zu hoch sind und der Staat die Gelder nicht richtig ausgibt, dass wir es zu glauben begonnen haben.