Mein Schreiben. Täglich.

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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Deutsche Autos für eine deutsche Klimaeffizienz

∞  4 Oktober 2010, 17:49

Was ist “die Erde” für uns? Wie weit sind wir gewillt, Verantwortung für sie zu übernehmen? Und zwar, auch dann, wenn unser Tun sich nicht in kurzsichtigen Voraus-Blicken auswirken kann, sondern wir für die nächsten Generationen wirklich handeln müssten?

Der Einzelne mag schnell mal finden, er könne ja eh nichts tun. Der Arme hat ganz andere Sorgen, und der Reiche verweist auf seinen neuen Geländewagen, den er nun mit Hybrid-Antrieb gekauft habe. Genau diese Art von Umweltgedanke scheint die deutsche Bundesregierung auch belohnen zu wollen, wenn es um die Autoindustrie geht:

Nach EU-Vorgabe haben die einzelnen Mitgliedsländer ein Ökolabel für PKW’s einzuführen, um klimaverträglichere Autos auch entsprechend zu kennzeichnen. Etwa so, wie wir alle es schon von Kühlschränken kennen. Würde man “die Erde” fragen, so wäre die Sache wohl klar: Sie würde sich bei all jenen bedanken, die absolut gesehen, rein faktisch, möglichst viel zur Klimaschonung beitragen und darum ein Auto kaufen, das durch sein möglichst geringes Gewicht schon eine erste wichtige Eigenschaft für möglichst wenig Emissionen bietet.
Die deutsche Bundesregierung findet das unfair. Sie plant, die Klassifizierung in Relation zum Gewicht vorzunehmen: Das bedeutet dann, dass ein protziger Porsche Cayenne das bessere Raiting bekommen kann als ein kleiner Diesel, obwohl er doppelt so viel Kohlendioxyd ausstösst und mehr als doppelt so viel Sprit verbraucht – nur weil er auch mehr als doppelt so schwer ist. Die Entscheidung also, ob Sie einen Panzer fahren wollen oder ein Stadtauto, ist nach dem geplanten Label “klimaneutral” – zum Schutz der deutschen Autoindustrie. Denn nur darum geht es:
Weil die deutschen Marken noch immer eher im gehobenen Segment und bei den schweren Autos marktführend sind und in den unteren Bereichen dem Markt hinterher hinken, darf es nicht sein, dass die Konsumenten über ein neutrales Label, das den effektiven klimabelastenden Ausstoss bewertet, darauf hingewiesen werden, dass ein Japaner tatsächlich die weniger grosse Dreckschleuder ist als ein deutsches Oberklassenauto. Zur Verdeutlichung ein Beispiel:
Ein Strassenkreuzer wie der Porsche Cayenne S Hybrid (193g CO2/km) bekäme ein beschwichtigendes B.
Der Toyota Aygo (Kleinauto mit 106g/km) müsste sich mit einem D begnügen.

Der Erde geht der deutsche Sinn für Effizienz am Klima vorbei. Wenn wir nicht dazu ermuntert werden, weniger Tonnen unter unserem Hintern durch die Gegend zu treiben, sind wir Warmduscher in Sachen Klimaschutz. Und die Regierung belohnt genau das, was in der deutschen Autowerbung ständig als Botschaft transportiert wird: Du, Kunde, musst auf keinen Fahrspass und kein Prestige verzichten, wir liefern dir das gute Gewissen als Hybrid-Antrieb mit und du hast dennoch Hunderte PS für deine zwei bis drei Tonnen zur Verfügung.

Schon einmal klagte die deutsche Autoindustrie ach und weh. Mit dem, was Entwicklung und nationale Politik da veranstalten, ist der nächste Gau programmiert. Der Konsument ist vielleicht vernünftiger, als ihn die deutschen Autobauer haben wollen. Auf der Strecke bleibt, bis dahin, die Erde.
Und alle jene, die gerne auf ihr leben möchten. Nicht als Räuber, aber als Gäste.