Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Deroutiert und doch geführt, überfordert und doch dankbar

∞  12 Dezember 2013, 23:11

Es ist wahnsinnig schwierig, angesichts so extrem fortschreitender Bewusstseinstrübungen die Contenance zu wahren. Und es ist so verwirrend, zu verstehen, warum das eine erinnert, verstanden, aufgenommen und kognitiv verwertet werden kann, und etwas scheinbar Einfacheres nicht. Und wir wissen nie, was wirklich verstanden wird, eine Haltbarzeit von mehr als ein paar Momenten hat.

Ich muss mir gut überlegen, wie ich hier darüber schreiben will, denn nichts will ich so wenig, wie hier meine Schwiegereltern bloss zu stellen. Wahrscheinlich wird die Art Tagebuch einfach plötzlich versiegen und die Verarbeitung geschieht fortan im Hintergrund. Vielleicht gibt es dann mal eine Anekdote oder verallgemeinerte Gedanken zu unseren Erfahrungen mit fortschreitender Altersdemenz. Im Moment ist die Meisterung der Situation eine echte Herausforderung, die uns als Familie aber auch ein Stück weit zusammen führt, obwohl gleichzeitig so viel Entfremdung in der Situation begründet liegt.

Lassen Sie mich einfach eines feststellen, denn es ist das, was wir uns wünschen, dass es bleiben darf: Mam und Paps sind unendlich dankbar für unsere Hilfe. Sie sind anstrengend. Bis zum Zerreissen. Aber wir sehen ja ihre Verwirrung, können nachvollziehen, wie gross die Panik sein kann, wenn man unterschwellig realisiert, wie viel Wissen wegdämmert. Und dann kommt da dieser Satz des Dankes. Wir wären die besten, dass wir ihnen so lieb helfen würden, heisst es. Und das ist schön. Sehr schön. Weil es auch die Möglichkeit eröffnet, ihnen jene Dinge helfend abzunehmen, die nun einmal organisiert werden müssen, egal, ob sie es begreifen oder nicht – und wie viel schöner ist es, wenn sie dafür Dankbarkeit zeigen können, als wenn sie das Gefühl zum Ausdruck brächten, sich übervorteilt zu fühlen. Nein, es ist tatsächlich so, dass sie Hilfe brauchen und fühlen, dass sie diese von uns bekommen.

Wie gering sie ist, wie wenig wir im Grunde ausrichten können – und wie viel vorbereitend vorbeugend früher möglich gewesen wäre, hätten sie damals in entsprechenden Gedanken Hilfestellung gesehen, und nicht Gängelung, das steht auf einem andern Blatt und damit müssen wir, wie viele Kindergenerationen, umgehen können. Wie gesagt: Wir empfangen und spüren die Dankbarkeit jetzt, und so lange sie da ist, bleibt am Ende in allem ein Segen zurück: Die Sorge wird gespürt und angenommen, und damit ist ein bisschen Linderung möglich. Unser Fährtenlenker hat bisher wunderbar für uns alle gesorgt – und ich bin zuversichtlich, dass wir das alle Vier auch weiterhin so spüren dürfen.