Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Das grosse Negative, oder das kleine Positive?

∞  30 Dezember 2012, 15:08


istockphoto.com/coloroftime: “good news”




Im Interent ist es praktisch jedermann möglich, jederzeit irgendwelche Erhebungen zur gesellschaftlichen Entwicklung zu konsultieren, Kommentare über jede Fehlentwicklung zu konsumieren und sich bestätigen zu lassen: Mit der Welt, mit uns, geht es bergab. Dieses Blog ist von dieser Beobachtung nicht auszunehmen. Leider.

Dann will ich mich mal ganz bewusst mit an der Nase nehmen, wenn ich jetzt weiter schreibe.

Praktisch alles, was wir lesenswert finden und deswegen medial verarbeitet vorgesetzt bekommen, scheint ein Empörungspotential haben zu müssen: Was “die Höhe” sein könnte und deswegen beschreibenswert, ist wenn immer möglich von Schlechtigkeit durchtränkt und lässt uns vermuten, dass es geradezu überall harkt. So kommt es mir vor, praktisch jeder wird das aber schnell von sich weisen – Sie wahrscheinlich gerade auch, nicht wahr? Aber schauen Sie sich mal an, was Sie in den letzten 24 Stunden an News konsumiert haben? Was liess Sie innehalten, einen Artikel anklicken, Nachrichten anschauen, die Zeitung aufschlagen? Und wenn Sie versuchen wollten, diesem Verhalten Kontra zu geben und sich auf positive Meldungen zu konzentrieren, dann lohnt sich das Zeitungsabonnement nicht mehr, im Fernsehen bliebe noch die Volksmusik, im Internet die Witzeseiten und die schadenfrohen Videos über Missgeschicke auf Youtube.

Das ist jetzt ziemlich polemisch, aber es ist in der Tat schwierig, dem allgemeinen Grauton in den Nachrichten Farbe beizumischen. Als Aushelfer bei der Sichtung und Einstellung der News bei mycomfor [1] und dem bewussten Versuch, positiven News _ein Gefäss zu geben [2], weiss ich sehr genau, von was ich hier schreibe (auch was die eigenen Reflexe betrifft).

Dass sich das auch auf die kommentierende Publizistik auswirkt, ist klar, und es macht auch nicht den Anschein, dass die Ausblicke dadurch optimistischer würden. Wie könnten sie auch! Und doch sind wir alle gefordert, nicht allzu schwarz zu malen – womit wir zum Beispiel dann beginnen könnten, wenn wir versucht sind, positive News schlecht zu machen und die Überbringer als Naivlinge zu bezeichnen: Es scheint absolut okay zu sein, über Verschüttete einer Lawine am Himalaya zu berichten, aber die Elterninitiative im Nachbarquartier soll unbedeutend sein?

Genau hier aber könnte eine Art Umkehrbewegung eintreten. Nicht wenige Medienschaffende geben unter den Zeitungen vor allem den Lokalblättern eine Zukunft, weil sie eine Plattform bieten, auf der sich der Mikrokosmos, in dem sich unser Leben unmittelbar abspielt, spiegeln und diskutieren lassen kann. Und genau genommen beginnt jede Veränderung auch hier bei uns selbst und in unserer scheinbar so kleinen Welt, in der wir aber mit entscheiden, wie wir das Leben auf uns wirken lassen – und ob wir dafür auch Gestaltungswillen aufbringen. Und wenn wir so weit sind, dass wir uns diese Frage neu stellen lassen, ist es nicht mehr so weit bis zum ersten Schritt einer konkreten Veränderung, indem ich die Frage stelle:

Und was, bitteschön, fange ich jetzt mit dieser “News” an?

Eben. Und:
Was wäre, wenn es so etwas wie ein Good-News-Netzwerk gäbe? Social-Media-Gefässe, die gegenseitig mit Verlinkungen auf positive Nachrichten aufmerksam machten? Auf Mutmacher, Aufrüttler, Vormacher, Wachhalter, Lacher und Schmunzler? Das wäre doch mal etwas wirklich erfrischend Neues, das im Grunde schon da ist. Wir müssten nur den Fettstift anders ansetzen.

In diesem Sinne schon jetzt allen ein positives Neues Jahr!

___
[1] mycomfor.com
[2] mycomfor-Dossier: Positive News