Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Bad News - Better Thinking

∞  15 Oktober 2012, 20:25

Mein heutiger Text ist eine Art Nachbrenner von gestern. Aber das hat einfach nachgewirkt. Manchmal ist die tiefere Bitterkeit einer schlechten Nachricht einfach nicht weg zu drängen, und überhaupt: Welche Nachrichten sind denn, so sie denn als “News” qualifiziert werden, in sich nicht Bad News?

Im besten Fall mögen wir etwas lesen, um Wissen anzuhäufen, um im kommenden schlechten Fall gewappnet zu sein. Aber wirklich positiv? Was ist am durchschnittlichen Inhalt einer Tageszeitung wirklich positiv?

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Doch wie sich sperren? Sich verschliessen? Ohren und Augen auf Durchzug? Im Grunde sind wir doch eine Gemeinschaft von Menschen, deren Unbehagen über die Stossrichtung unserer Leben bald offensichtlich wird, ohne dass wir irgendwelche Strategien kennen würden – geschweige denn, die Kraft haben, danach zu leben, uns gegen das zu stemmen, was wir vorschnell “unvermeidlich” nennen.

Wir Blogger vervielfältigen ebenfalls nach der Selektion, die Bad News hervorhebt, auf jeden Fall meistens. Dennoch ist es wie mit jeder anderen reflektierenden Meinungsäusserung, zum Beispiel am Stammtisch: Nur wenn man seine Meinung äussert, kann sie gehört und bedacht werden. Man muss sich keine Wirkung seiner Worte und Gedanken einbilden, es ist sogar gut, denke ich, sich in keiner Weise davon abhängig zu machen – aber es ist gewiss nicht falsch, sich vorzustellen, was EIN Gedanke bewirken kann – wie er sich vervielfältigt, was aus ihm wird – wer könnte das sagen, voraussehen, wer dürfte sich anmassen, zu behaupten, ein Gedanke sei eh verloren, kaum wäre er formuliert. Es gilt wohl das Gegenteilige, dass nämlich kein geschriebenes oder gesagtes Wort je wieder Nichts wird, und gerade auch deswegen habe ich unendlich Mühe mit dem Umgangston in manchen sozialen Netzwerken oder auch nur einzelnen Kommentarsträngen, wo sich die einzelnen “Teilnehmer” in einer Art unflätig begegnen, dass ich einfach nicht sagen kann, das ginge an mir spurlos vorbei. Nein. Es blockiert mich. Ich finde, es gehört sich nicht, und weil wir das nicht mehr so handhaben, verlieren wir alle an Diskussionskultur.

Derweil geht die Welt ihren Weg, und ich habe manchmal das Gefühl, als häuften wir jeden Tag ein paar Schiefertafeln mehr auf den Berg der Erkenntnis, der irgendwann eruptiv sich über uns ergiessen und alles begraben wird.

Während syrische Ärzte in den Libanon ausweichen müssen, um dort syrischen Rebellen die zerbombten Glieder amputieren zu können, lese ich weiter, dass in Deutschland fast ein Drittel der befragten Deutschen laut einer Studie angegeben hat, aus Geldmangel auf eine medizinische Behandlung verzichtet zu haben.

Wäre es nicht an der Zeit, für die friedvolle Minderung der grössten sozialen Unterschiede jene Energie aufzubringen, die andernorts wahre Helden dafür einsetzen, Leben zu retten – wobei sie dem Rest an Leben, das sie retten können, auch noch zuzutrauen, dass es wieder freudvoll werden kann, während wir in Trübsal und Mutlosigkeit erstarren?

Und darum gibt es kein Aufgeben und kein Verstummen und kein einfaches Zetern. Es geht uns gut genug, dass wir die Freiheit haben, für ein gutes Stück unserer Zukunft selbst verantwortlich zu sein – und für die Art und Weise, wie wir miteinander umgehen.