Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


2011-04-03: Nachgedanken

∞  3 April 2011, 17:00


Sportjournalisten als stellvertretende Kleingeister


Sie schreiben ihn wieder mal nieder. Roger Federers Karriere sei zu Ende, sagen sie, die Sportjournalisten. Alle schreiben sich die Finger wund in ihren Spekulationen. Es ist gerade so, als wollten sie ihm das Tennisspielen vergällen. Wäre ich Federer – ich denke, es würde gelingen. Lasst ihn doch einfach spielen – und uns geniessen, was wir noch immer in seinem Spiel sehen können. Und wenn es nicht läuft, dann lässt uns mit ihm verlieren lernen.

Federer hat so viel erreicht und ist daneben Familienvater. Ich habe persönlich überhaupt kein Problem damit, wenn er einmal chancenlos bleibt. Gut genug, um mir die Freude am Tennis zu vergrössern, ist er noch lange. Nadal und Djokovic mögen besser sein. Aber, ganz ehrlich: Wollen wir wirklich, dass Athletik und Kraft die Eleganz bodigen?

Was mich am meisten ärgert: Wenn ich Sportkonsumenten höre, die Federer abschreiben. Es baucht für diese Spezies zwei, drei Niederlagen, und schon wenden sie sich kleinmütig ab. Es sind die Kleingeister, die sich schnell neue Helden suchen – und es scheint, dass die Zeitungen für sie geschrieben werden.



Wir und die Unwägbarkeit


Täglich hören wir sie, die vermuteten Zustandsmeldungen aus den Meilern in Fukushima. Und was uns so erschüttert, ist: Die wissen nicht wirklich Bescheid. Und damit auch wir nicht. Und Prognosen glauben wir nicht mehr. Denn sie kommen aus den Mündern, die vorher von der Sicherheit der Kernkraft gesprochen haben.

Aber wir müssen mit Ungewissheit wieder neu leben können. Denn kein Glaube unserer Zivilgesellschaft ist so sehr eine Mär wie die Meinung, Kontrolle ausüben und jemals genug verstehen zu können, um alle möglichen Reaktionen eines Prozesses vorauszusehen. Wir werden immer wieder überrascht sein.
Und nun müssen wir ganz aktuell damit leben, dass wir wohl über Monate nicht wissen, welches Ausmass die Katastrophe annehmen wird – während wir direkt davor sitzen. Anschaulicher könnte uns unser Dilemma nicht vorgeführt werden.