Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Eine Art Dankfest als Spurengänger

∞  14 August 2009, 19:54

Es ist lange her, dass wir sehr gute Freunde aus dem Ausland zu Besuch haben durften. Wir haben ihnen nicht die Schweiz gezeigt. Sondern nur die nähere und nächste Umgebun, die scheinbar kleinen Dinge statt der vermeintlich Grossen, wie man meinen könnte. Und es war wunderbar. Bei solchen Unternehmungen gelingt es Besuchern ganz leicht, mich neu auf die alten Wege schauen zu lassen und zu bemerken, wie schön wir es bei uns haben.

Die Zeit flog nur so, wie Krepppapier, das vom Wind mit gerissen wird. Dann war der Besuch Vergangenheit, und uns trennten wieder sechshundert Kilometer. Ein Jahr später war alles anders. Eine lebensbedrohende Krankheit, Komplikationen für Frau und Kind, und lange, quälende Wochen mit ungewissem Ausgang.

Wir reagierten, wie Freunde in ihrer Empathie reagieren: Nicht er! Nicht sie! Sie haben doch schon so viel gemeistert, sich beweisen müssen!

Heute habe ich eingelöst, was ich mir damals innerlich “schwor”. Im Nachhinein kann ich nicht erklären, warum ich überhaupt an diese Wende glaubte. Aber ich habe damals zu mir gesagt: Wenn alles gut wird, ja wenn das Leben für Euch weiter geht, dann kehre ich an den Ort zurück, den ich mit Eurem Besuch noch immer am meisten verbinde.

Und so stand ich heute da, in einer kleinen Stadt am See, keine dreissig Kilometer von zu Hause entfernt, und vor allem ganz nah bei Eurem Daheim, über alle örtliche Distanz hinweg. Und da habe ich Danke gesagt. Immer wieder. Und meinem weiteren Wünschen, dass das Glück beständig sein möge, freien Lauf gelassen. Ich habe mir dabei erlaubt, sehr unbescheiden zu sein und das ganze Universum voller Glück für Euch zu wünschen. In den besten Wünschen für Freunde kann man gar keine Gier beweisen. Und da ich weiss, wie stark Ihr darin seid, mit dem kleinsten Teil an Wohlbekoms reich durchs Leben zu gehen, bin ich mir ganz sicher, dass die schützende Hand über einer mutigen Familie ruht.

Ich bin gesessen, wo ich mit Euch gesessen bin, auf sonnenerhitzter Bank, umgeben von längs laufenden, schmalen Latten in Steg und Geländer, die alle jedem Spaziergänger die weitere Richtung weisen, jeden Tag.
Und wieder kam mir diese alte Nonne entgegen. Ich weiss nicht sicher, ob es die gleiche Frau war wie damals, mit Euch, aber es erscheint mir ganz natürlich und überhaupt nicht zufällig, wenn dem so war. Ich darf Euch sagen, dass sie noch genau so gelassen auf dem Steg spaziert, und den Menschen entgegen geht, mit knappem Gruss, ohne übertriebene Freundlichkeit, aber mit der Ausstrahlung eines Menschen, der zu horchen versteht. Nach innen. Mit offenen Augen.

Am Himmel zogen Wolkentürme auf, die sich aus den Voralpen in die Ebene schoben, um sich da sogleich einer scharfen grauen Linie entlang grellweiss über der Stadt zu türmen. Doch die Sonne hielt sich über der aufgeheizten Ebene und schmolz die wirbelnden Regenboten zu wattigen Schaumflocken zusammen. Es würde trocken bleiben und warm. Ich hängte meinen Regenschutz an den kleinen Rucksack auf meinem Rücken und setzte meinen Weg fort, auf dem ich heute noch so manches grundtiefe Dankeschön formulieren würde.


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PS: Warum ich nicht fotografiert habe? Das Glück dieses Tages kann man nicht fotografieren. Da passt die Beschreibung allein besser.