Mein Schreiben. Täglich.

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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Vom Risiko (zu) billiger Produkte

∞  20 Oktober 2011, 18:14

Es läuft etwas verkehrt im Einzelhandel, denke ich: Das muntere auktionieren aller Einkaufspreise bei den Produzenten bis zum Allerletzten führt immer öfter zu einem absurden Ergebnis: Die Margen des Handels verbessern sich, die Reserve des Herstellers tendiert gegen null. Das ist verkehrt, und geht am Ende der Kettenreaktionen auch zu Lasten der Konsumenten:


Das Angebot, das er vorgesetzt bekommt, muss sich zwangsläufig verschlechtern. Weil die Risiko-Reserve dort fehlt, wo sie notwendig ist: Wer ein Produkt handelt, hat deutlich geringere Risiken als der, welcher das Produkt herstellt.

Wer ein Produkt herstellt, muss dafür eine Maschine kaufen, Vorinvestitionen leisten – ohne zu wissen, ob das Produkt ein Erfolg wird. Mit anderen Worten: Eingeführte Produkte müssen zwangsläufig eine Risikoprämie in der Kalkulation enthalten, mit der Flops aufgefangen werden können – und die, ganz entscheidend, Lust daraufmacht, die bestehenden Produkte weiter zu entwickeln und weitere Neuheiten zu kreieren.

Wer ein Produkt handelt, muss dafür einen Platz im Regal schaffen.

Dies mag nun sehr verkürzt sein, aber es soll das Grundproblem veranschaulichen: Fehlt diese Risikoprämie, so werden weniger Produkte entwickelt (für einen Markt, auf dem die Preise schlecht sind), und die ganze Energie fliesst in die Optimierung bestehender Produktionsabläufe. Die Hemmungen vor Qualitätsrückschritten werden tendenziell geringer – durchaus auf beiden Seiten. Wer auf den Geschmack gekommen ist, an einem “bestehenden” Produkt besser zu verdienen, hat wenig Veranlassung, an ihm etwas zu verbessern. Er wird eher versuchen, den Preis weiter zu drücken, wenn es schon mal so gut geklappt hat.

Diese “Psychologie” führt dazu, dass Qualitätskontrollen tendenziell wohl eher seltener werden dürften – und das Angebot im Supermarkt sich in der unteren Breite ausdehnt, während Spezialitäten überteuert (zur Kompensation) angeboten werden, bis sie ganz fehlen – und auch nicht wieder auftauchen, da die Spezialgeschäfte längst schliessen mussten. Abgesehen davon fehlte ihnen eh die Nachfragestärke, so dass sich für Subsidiärmärkte die Maschinenproduktion gar nicht aufrecht erhalten lässt. Nein, im Detialhandel muss das Qualitätsbewusstsein bei den Marktführern und von ihnen selbst gepflegt werden. Der Markt regelt in letzter Konsequenz nur den Preis.

Und ein Markt, der seinen Produzenten keine Risikoprämien für Produktentwicklungen lässt, verliert Vielfalt und Qualitätssicherheit. So einfach ist das, und wenn Sie heute Produkte kaufen, die noch vor ein paar Jahren 50% teurer waren, so gehört eher früher als später in aller Regel die Wahrnehmung dazu, dass das Teil früher aber schon auch besser war. Inzwischen fehlt womöglich auch die Alternative, zumindest an jenen Orten, an denen man sich gewohnt ist, einzukaufen. Aber eben, es ist ja auch viel billiger geworden, und damit geht es vergessen – und erzielt wird am Ende sogar Wachstum. An Abfall. Nicht nur an Verpackung, sondern auch in der Packung…