Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Kindsein. Punkt.

∞  26 Mai 2010, 14:15



Das Kind lebt im Jetzt. Es gibt nichts Wichtigeres als den Moment. Eigentlich gibt es nichts anderes. Niemand spielt so Ball wie ein Kind: Es gibt da nichts anderes als diese Kugel, die genau jetzt getroffen werden soll. “Selbstvergessen” nennen wir Erwachsenen dieses Spielen, und im Klang des Wortes lassen wir ein bisschen Wehmut mitklingen. Es steckt keinerlei Kritik darin. Forderungen nach einem vorausschauenden Handeln sind weit weg – und doch ist die Zukunft ganz nah. Dieses Kindsein ist nur ein Haltepunkt in der Zeit, und bald ist er, genau so, wie wir Erwachsenen es empfinden, wenn wir das hier schreiben und lesen, Erinnerung, ein Teil der sich dehnenden, immer weiter zurück reichenden Vergangenheit, die sich hinter uns als Kind ausbreitet, während gleichzeitig, wenn der Entdeckergeist voraus schaut, eine Ahnung einer riesigen Weite aufkommt, was noch wartet. Doch mit dem Bangen und Erwarten beginnt der Widerstreit mit der Zeit. Fortan blicken wir voraus und zurück und stehen dabei allzu oft neben dem Jetzt.

Interessant scheint mir, dass die erste vorausschauende Ahnung, die erste Beschäftigung mit Gedanken an Zukunft und Vergangenheit bei uns Kindern meist mit dem Gespür für die Endlichkeit zu tun haben: Der Tod ist ein schaurig Ding, das aber im Spiel sehr wohl vorkommt. Wir machen uns sehr früh Gedanken zu Anfang und Ende, und wir geben uns kindliche Antworten, in denen wir aber das Unbestimmte, Fragende noch viel leichter zulassen können als schon kurze Zeit später. Denn noch sind die Gedanken nicht “verkopft”, verbildet, versponnen mit angelerntem, mitgedachtem. Noch leben wir aus, was wir zu fühlen glauben und spinnen und weben unsere Bilder von Zeidimensionen in Spielformen und Vorstellungswelten aus. Vielleicht der letzte Moment, in dem ein Gefühl von Endlichkeit und der eigenen Schwerelosigkeit darin nicht von der Angst zu Boden gezogen wird?