Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Ein Buch für zwei Personen

∞  3 Juli 2011, 21:18

Immer wieder mache ich mir Gedanken für ein Buch. Seit 2004 ist doch einiges Material zusammen gekommen. Noch ist bei weitem nichts spruchreif, aber so langsam reifen die Gedanken. Aber ich HABE ein Buch geschrieben. Ein Bilderbuch, gewissermassen. Für exakt zwei Personen. Und daran lässt sich im Kleinen fast alles (oder gar mehr?) an möglicher Befriedigung als Autor erfahren.


Das Buch ist ein Geburtstagsgeschenk mit ausgewählten Bildern und Texten, teilweise so redigiert, dass sie auf die zwei lieben Menschen ausgerichtet sind.

Bei der Arbeit habe ich bereits mehrere Stimmungshochs erlebt. Einmal hat mich durch das ganze Projekt die Vorfreude auf die Freude angetrieben und begeistert. Ich war mir sicher, dass das Ergebnis gefallen würde und ich wusste, dass ich die Freude ganz direkt würde empfangen und erleben dürfen. Weiter habe ich meine eigenen Texte neu kennen gelernt und nicht wenige dabei umgeschrieben, was das Ergebnis “neu” und einzigartig machte. Ohne zwei ganz bestimmte Menschen hätte ich diese besseren Ergebnisse und die neuen Texte nicht geschrieben. Ich hätte sie nie gefunden.

Und nun erlebe ich, dass dieses Buch immer wieder zur Hand genommen wird, dass die Leser mit mir darüber sprechen und mir von ihrem Lesen erzählen. Es bestätigt sich, dass ein jeder sein eigenes Buch liest, und das ist in keiner Weise unbeabsichtigt. Was mich ganz besonders freut, ist, dass die meist kurzen Texte immer wieder zur Hand genommen werden, dass sie immer wieder neues eigenes Denken auslösen und sich dies auch ändern kann. Das irritiert mich in keiner Weise. Ich traue mir keine endgültigen Aussagen zu, und ich erlebe es selbst, dass auch die mächtigsten Aphorismen, die ich kenne, vielleicht ihren Wahrheitskern nicht für mich ändern, aber mein Zugang dazu sich immer wieder verändert.

Es ist schön, sehr schön, es schenkt eine Art Frieden, wenn ich mit meinem Leser an einem See spazieren darf und in mir das Gefühl aufkommt, das Richtige zu tun. Dass es zu wenig ist, zu wenig oft, zu wenig strukturiert, sich (noch) nicht in eine rgrossen Arbeit auswirkt – DAS alles ist nebensächlich. Aber das habe ich nun richtig gebraucht, hat mir den Ofen neu angefeuert: Dieses Gefühl geht sehr tief: Mit meinen Gedanken manchmal ein Übersetzer zu sein, der es anderen erlaubt, ihre eigene Sprache für den Umgang mit sich selbst zu vertiefen. Wie bei jedem wirklich aufgelegten Buch möchte auch ich gelesen werden. Und dieses Buch für Zwei ist auch diesbezüglich ein perfekter Erfolg. Es ist angekommen, hat die Seelen erreicht – und seine Exklusivität ist eine Art Liebeserklärung. Wann immer ich schreibe, möchte ich es für Menschen tun. Für mich erst, das muss sein, sonst wird eh nichts draus, aber genau darin auch für andere, für Menschen, welche ähnliche Fragen haben – und sich ihre persönlichen Antworten immer wieder suchen wollen.

Lesen und Schreiben. Mitdenken und Weiterdenken. Mitfühlen und Teilen.

Das Schreiben ist an sich ein sehr kontemplativer, innerer und fordernder Prozess mit einer egoistischen Komponente, in der man äussere Einflüsse ausblendet, Wahrnehmungen kanalisiert und sich gegen alle Ablenkung verschliesst. Trete ich mit einem Text “in die Welt”, reiche ihn weiter, womöglich von Hand zu Hand, dann erfahre ich manchmal, dass mein Bemühen im Ergebnis jemandem eine Freude war, oder gar eine Hilfe. Das im Gespräch zu hören und zu fühlen, ist echter Lohn und schenkt mir selbst Sicherheit, weil es wieder mal ein paar hundert Zweifel beseitigt.

Darum kann ich nur immer wieder ermuntern: Für Blogs, die allein mit dem Antrieb zum Schreiben betrieben werden, geht es nicht darum, ob man ein paar Dutzend Klicks mehr generiert. Nein. Segensreich sind die konkreten Reaktionen, die man manchmal, plötzlich, eines unverhofften Tages erhält, womöglich auf einem Weg und in einer Weise und von einer Person, die man sich nie selbst vorgestellt hätte.

Internet ist gut. Ich möchte nicht ohne sein. Aber Web 2.0 wird in allen Facetten nie diesen einen Moment eines wirklichen menschlichen Austauschs ersetzen, der aus einer virtuellen Ansprache eine ertastbare, hörbare, mit allen Sinnesorgangen gleichzeitig erfahrbare Begegnung macht. Schliesslich schreiben wir ja auch vom Real Life, nicht wahr? Nämlich von unserem eigenen Denken und Fühlen, vom Sehen und Nichtsehen.

Ein Grund, dass viele Blogger immer mal wieder von Lesungen träumen, ist dieser Hunger, einmal Leser und ihre direkten Reaktionen vor sich zu haben. Und damit ein Gespür dafür zu bekommen, wie es ist, wenn andere die eigenen Gedanken mitdenken, sich tatsächlich die Zeit nehmen, zu lesen, oder zuzuhören. Dass dieses Gefühl ausbleibt, dass “man nicht ankommt”, ist gleichzeitig die grösste Angst und der wichtigste Grund, es nicht zu tun. Damit klarzukommen ist gar nicht so einfach, das weiss ich sehr wohl. Aber: Aufgeben gilt nicht. Und zur Ermunterung ist es alles andere als falsch, sein Schreiben einmal schlicht auf ganz wenige Menschen auszurichten.