Mein Schreiben. Täglich.

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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Die Arbeitszeit als theoretisches Modell

∞  27 Juli 2012, 15:38

Im Zeitalter der Arbeitszeiterfassungssysteme, die immer ausgeklügelter werden, sieht sich manch Angestellter plötzlich in der Situation, seine Pinkelpause mit oder ohne Rauchopfer neu mit dem Arbeitgeber verhandeln zu müssen. Während dessen Chef sich in der Gemeinschaft jener wiederfindet, bei denen die Bereitschaft zu Überstunden mit “zum Geschäft” gehört. Der Lohn schliesst das ein – sagt die Praxis und der nächste Chef, nicht unbedingt das Anstellungsverhältnis.

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Wie gut und flexibel und auf die tatsächliche Konzentrationsfähigkeit und Leistungsfähigkeit des Einzelnen abgestimmt das gehandhabt wird, bleibt am Ende eine persönliche Frage und ist davon abhängig, wie Menschen ihre Rollen interpretieren.

Wie sehr mag das dann erst recht für alternative Teilzeit-Arbeitsmodelle gelten? In der Umsetzung stellen sich dann ganz praktische Fragen: Wie gestalte ich den automatischen Text meiner Mail-Box für meine Abwesenheiten? Nerve ich Ansprechpartner nicht mehr mit dem automatischen Responder? Wie viel Nachsicht kann ich erwarten, wenn sich mein Gegenüber merken soll, dass ich morgen da bin aber nur am Nachmittag und übermorgen nur am Vormittag und nächste Woche überhaupt? Und wie geht es dem Teilzeiter selbst, wenn er angemahnte Arbeiten nicht oder erst zum Ende des Arbeitstages erhält? Schleppt er dann die Pendenz und die Aufmerksamkeit dafür durch seinen “freien” nächsten Tag? Oder erledigt er “es” halt “noch schnell”, um “das” dann sonst mal zu kompensieren. Am Ende teilt man seine Zeit nicht zwischen Arbeit und Freier Zeit, sondern man telt schlicht alle Zeit mit Arbeit und Anderem, mit Allem. Alles ist plötzlich immer. Und das ist nicht mehr Freiheit, sondern Stress im Kopf.

Aber es lässt sich nur bedingt vermeiden, im Zeitalter der völlig flexiblen nicht mehr ortsgebundenen Arbeitsplätze sowieso: Die Koordination von Mitarbeit von Menschen mit unterschiedlicher Zeitkadenz ist enorm anspruchsvoll.