Mein Schreiben. Täglich.

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Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Der Kaiser ist einfach noch der Franz

∞  14 August 2013, 17:25

Es ist nun schon ein paar Tage her, aber der Auftritt der deutschen Fussballikone Franz Beckenbauer im ZDF-Sporstudio wirkt noch immer bei mir nach. Dass Kaiser Franz schon immer jovial bis zur Denkverweigerung gestrickt war, mag man ja schon gewusst haben – welche Auswirkungen das aber annehmen kann, ist in diesem Fall ziemlich unerträglich geworden.

Franz Beckenbauer nennt man “den Kaiser” nicht nur des deutschen Fussballs. Den Namen trägt er zu Recht, denn ihm ist der Erfolg geradezu nachgelaufen, so leicht und flockig kam alles daher, ob er den Ball nun am Fuss führte oder sein Mundwerk zu vernehmen war. Letzteres war schon früh etwas locker und so mancher voreilige Spruch ist an ihm haften geblieben – wie die besoffen vom Erfolgshoch getroffene Aussage, die deutschen Fussballer würden zukünftig unschlagbar sein – Weltmeister 90 und nun auch noch mit dem Reservoir der Spieler aus dem Osten…

Und so ging es weiter, mit Meriten bei der FIFA, der WM-Vergabe an Deutschland für 2006 und seinem Einsitz im Exekutivrat des Weltfussballverbands. Dessen Präsident Sepp Blatter wurde und wird in Deutschland hart kritisiert für die Vergabepraktiken bei Weltmeisterschaften, für Korruption und die Politik der sich gegenseitig waschenden Hände. Dass vom Kaiser Franz im Gremium der zwanzig Obersten all die Jahre nichts zu vernehmen war, schien niemanden in Deutschland zu stören – und nun würde sich mancher wünschen, es wäre dabei geblieben…

Denn am Samstag war der Kaiser im Sportstudio des ZDF eingeladen. Man feierte 50 Jahre Bundesliga und die Sendung dazu, in die niemand mehr Einladungen erhalten hat als Beckenbauer. An diese letzte wird er sich wohl länger erinnern als an Kolumnen, die er früher geschrieben hat… Da sass er nun in seinen leuchtend blauen Socken, und nickte munter, als man die Aussage repetierte, die er in diesen Tagen gemacht hatte, wonach zu seinen Aktivzeiten noch nicht mal das Wort Doping bekannt gewesen wäre. Als ihm und den Zuschauern dann der Moderator Steinbrecher einen Artikel im Stern unter die Nase hielt, geschrieben 1977 von Franz Beckenbauer selbst, worin er festhält, dass vieles, was aktuell mit Fussballern gemacht würde, die Grenzen des Dopings wohl überschreiten würde, gefror ihm ein wenig der Gesichtsausdruck und es fiel ihm tatsächlich nichts Besseres ein, als wie am Stammtisch darüber weg winken zu wollen: Das müsse wohl jemand anders geschrieben haben… Dummerweise redete er weiter, und machte alles nur noch schlimmer. Viel schlimmer:

Von der Sueddeutschen zutreffend zusammengefasst

Beckenbauer konnte (oder wollte?) sich an seine offenen Worte von einst nicht erinnern. Woran er sich aber erinnern konnte: 1) dass er nie etwas bekommen habe, von dem er “nicht wusste, was es ist”. Und 2) dass man als Spieler “natürlich” auch seine “Vitaminspritzen” bekommen habe. Und was war da drin? “Keine Ahnung. Der Doktor hat gesagt, das ist eine Vitaminspritze.”

Wenn ein Kaiser mal auf ein glitschiges Parkett gerät, dann rutscht er aber so richtig aus, denn es ging noch weiter:

“Doping im Fußball macht keinen Sinn”, sagte er da, “weil jeden zweiten, dritten Tag hast du ein Spiel.” Und vor lauter Spielen habe man dann als dopender Fußballer ja gar keine Zeit, sich von dem anstrengenden Doping zu erholen.

Es war eine der wenigen Interviews zu Doping in Sportsendungen, bei denen ich mich nicht darüber geärgert habe, dass vom Moderator nicht genauer nachgefragt wurde: Die Sätze standen im Raum, Gelächter im Publikum, und um einiges zu viel Stille drum herum.

Wie kann man sich da noch wundern über den Ernst, mit dem der deutsche Fussball Doping bekämpfen will? Man nimmt das Thema natürlich sehr ernst, und es ist ganz wichtig. Zumindest ist es ganz wichtig, dass die Öffentlichkeit wahrnimmt, dass das Thema Doping für die DFL wichtig ist. Darum gibt es ab dieser Saison nun auch Dopingkontrollen per Blutentnahme. Da geht also was. Na ja, mit Einschränkungen. Denn es gibt von diesen Blutkontrollen nur zwei. Also, nicht zwei pro Mannschaft und Spiel. Sondern es werden zwei Spieler pro Mannschaft über die ganze Saison einmal entsprechend getestet. Gibt bei 18 Mannschaften 36 Spieler, die während der ganzen Meisterschaft einmal kontrolliert werden. Begründung: Diese Kontrollen sind sehr teuer.

Der FC Bayern München hat für Martinez letztes Jahr 40 Mio. Euro ausgegeben, für Mario Götze nun 37 Mio. Euro. Das ist völlig in Ordnung für den FCB. Denn er hat sich diese Mittel erwirtschaftet. Millionenbeträge sind quer durch die Liga häufig, es wird viel, sehr viel Geld umgesetzt. Die Frage ist nur für was. Und für was nicht. Und woran es liegt, dass niemand einen wirklich aussagefähigen Nachweis will, wie es um Doping wirklich bestellt ist.

Die Spieler sorgen für die Musik, sie laufen immer schneller immer länger und mit immer kürzeren Pausen. Die Anzahl Spiele steigt ständig, verletzte Spieler sind immer schneller wieder fit. Die Medizin macht Fortschritte, die Betreuung der Spieler wird immer besser. Doch dabei gilt: Wer will wovon wieviel wirklich hören?

Franz Beckenbauer ist in einem schlicht beklemmend, entwaffnend bis schmerzlich ehrlich, würde er die dummen Phrasen weglassen:
Alles an seiner Grundhaltung sagt eigentlich das eine aus was sehr viele denken:

Was wollt’s ihr denn alle? Fussball soll gschpielt werden, es ist Party und alle Stänkerer sind Spielverderber. Mahlzeit. Es ist angerichtet.