Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Das Versäumnis

∞  3 Februar 2014, 21:56

Dieser Brief ist nie geschrieben worden, und vor allem habe ich auch nicht danach gehandelt – und nun ist es zu spät.

Sehr geehrter Herr

Es war schön damals, ein paar Jahre ist das schon wieder her, sich mit Ihnen zu unterhalten. Ein erstes Mal nicht zwischen “keine Zeit” und “was kostet das schon wieder”. Schön, weil das Gespräch so unerwartet verlief, wohl auch für Sie. Sie hatten richtig viel Zeit und wir sprachen ganz entspannt und sehr ausgewogen, sachlich, aber auch mit Verve und Wärme über die Belange der Firma.

Sie übernehmen den Part des Controllings, sind der Mahner und Sparer und Drangsalierer zum Wohl der Kostenkontrolle, Ihnen ist im Zweifelsfall jeder ausgegebene Cent zuviel – und dass sie damit genau den Job erledigen, der Ihnen von der Firmenleitung zugedacht ist, ist uns zwar schon klar, aber deswegen fluchen wir doch oft über die stereotype Weise, in der Gespräche mit der “Kostenverwaltung” voraussehbar sind.

Sie tun nur ihren Job, und dass sie ihn so gut machen, führt dazu, dass sie ziemlich einsam in der Firma sein dürften. Heute ist mir klar geworden, wie motivierend es für Sie sein könnte, wenn Sie die Belange von uns Verkäufern nicht nur bei unserer Unzufriedenheit mitbekommen würden, sondern wenn sie über aktuelle Bestrebungen und Erfolge mit informiert würden. Das war in unserem Gespräch so gut zu spüren – und einmal mehr dachte ich mir, wie anders die Arbeit aller Teile in einander greifen kann, wenn alle eine Vorstellung davon haben, was andere zum Ganzen beitragen – auch und gerade da, wo Sparen auf Investieren trifft.

Nun ist es für alle diese Schritte, für diese Worte und entsprechende Mitteilungen zu spät. Sie sind verstorben. Jünger als ich es bin, zerfrass sie der Krebs, und wenige Monate, nach denen Sie von den Attacken auf Ihre Organe erfuhren, ist nun schon alles vorbei.

Und das alles ist einfach genau so absurd wie die Art, wie Sie und ich, wie alle miteinander umgegangen sind…

Gerade in Ihnen und über Ihnen möge nun ein Friede sich ausbreiten, der nicht von dieser Welt, aber sehr wohl für Ihre Seele ist – und ich bin aufgefordert, es bei anderer Gelegenheit besser zu machen.