Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Das Glück ist nie weit weg

∞  18 Januar 2012, 17:00

Wer dem grossen Glück nachläuft, entläuft der Ruhe.

Jüdisches Sprichwort



Es gibt wenig, was ein Lebensglück so entrücken kann wie die Frage: War das alles? Beziehungen werden plötzlich in Frage gestellt und alles steht nun im Verdacht, unzureichend zu sein. Der Partner ist nicht länger zuverlässig, sondern erscheint nur langweilig zu sein. Der Job ist nicht mehr der Ort, an dem man seinen Wert für ein Team besitzt. Jetzt ist er ohne die einem gebührende Herausforderung. Die Wohnung wird zu klein, die Ferien zu kurz und man kann sich hundert Orte vorstellen, wo man lieber wäre als da, wo man unvermeidlich jeden Morgen wieder aufwacht.

Faszinierende Biographien enthalten oft spektakuläre Wenden, in denen sich Lebensentwürfe bahnbrechend verändern – durch äussere Zwänge oder innere Neuausrichtungen. Viele Leben bleiben aber auch sehr unglücklich, weil man den Verdacht, es besser haben zu können nie ablegen kann – oder gar ein Glück riskiert, weil man ein viel Grösseres wo anders vermutet.

Glück ist eine Empfindung, die sich immer mit den aktuellen Umständen des eigenen Lebes versöhnt und nichts dagegen hat, wenn alle Umstände bleiben, wie sie sind. Glück kann Mangel ertragen, Geschenke erkennen und annehmen. Die kleine zelebrierte Freude ist tiefer als der grosse Rausch. Glück legen wir in uns selber an, indem wir die Ruhe suchen und mehren wollen, die nicht nach dem anderen oder nach mehr fragt, sondern danach, wie ich die Dinge sehen kann, wie sie wirklich sind. Und das bestimme ich mit meinem Verständnis für das Glück ganz wesentlich selbst.