Mein Schreiben. Täglich.

Teilen Sie mit mir unbeschwerte und schwere Gedanken in Prosa oder Lyrik und versuchen Sie, Grau in Blau zu verwandeln - unter welchem Himmel auch immer.

Mir fällt das oft selbst schwer genug...


Alte Männer und die Küche: Ein Minenfeld

∞  7 Februar 2013, 18:26

Heute Kaufberatung im Supermarkt. Ich weiss jetzt nur nicht so recht, ob ich da wirklich einen guten Job gemacht habe…

An der Kasse steht vor mir ein alter Mann, der seine Einkäufe fein säuberlich aufs Band gelegt hat. Die Käsefondue-Mischung eines bekannten Herstellers und zwei, drei Joghurts. Bevor der junge Mann mit tippen beginnen kann, zeigt der Mann mit knorpeligen Fingern aufs Förderband und fragt:
Können Sie mir sagen, ob ich damit alles habe, was ich für ein Fondue brauche?

Der junge Mann ist mehr als überfordert und ich versuche zu helfen. “Na, etwas extra Käse kann ja vielleicht nicht schaden, und Knoblauch ist immer gut. Fehlt noch Weisswein.”
“Hab ich zuhause in Mengen”, strahlt er mich fröhlich an.
Der Junge ruft “Kirsch!” und will hinter sich ins Regal greifen.
“Hab ich auuuch”. Jetzt ist der Alte noch vergnügter.

Der alte Mann packt seine Waren zusammen, erklärt, er würde erstmals hier einkaufen, die Rabattmärklein schenkt er mir, als würde er bestimmt kein zweites Mal kommen. Früher hätte er im Altersheim “da vorn” gewohnt. Und jetzt? Ich komme nicht zum Fragen. Er stapft davon zu einem Auto vor dem Laden, stützt sich dabei auf den Einkaufswagen, als wär’s ein Rollator. Ich finde es eine gute Idee, vor dem Mann aus dem Parkplatz zu fahren und beeile mich. Zuhause frage ich mich mit Thinkabouts Wife zusammen:

Was, wenn der Mann nicht die Käsemischung, sonder das Fertigfondue auf dem Förderband hatte? Dann braucht er ja alle anderen Zutaten nicht. Aber vielleicht weiss er ja schon, dass das einfach nicht richtig gut schmeckt und will das Ganze ein wenig pfeffern. Ob der Extra-Käse dann allerdings bindet?…

Jetzt muss ich an den Alten gestern beim Einkaufen denken, der zwei ebenfalls betagten Nachbarinnen von seinem Wirken in der Küche erzählte und stolz meinte, die Schnitzel mit Rahmnüdeli gestern wären jedenfalls lecker gewesen… Dabei wirkte er so, als hätte auch er zum ersten Mal einen Kochlöffel geschwungen – und sei es auch nur, um die Packung aufzuschneiden…

Die Einsamkeit des Alters ist oft auch eine Überforderung mit dem Alltag. Daraus entstehen Ankedoten, aber irgendwie hören sie sich alle bittersüss an.