Reflexionen

In Wort und Bild gesehen, gedacht und gefühlt
Zum Betrachten, Nachdenken, Mitdenken, Vordenken
Mit Lebenslust ein Leben lang, mindestens


Vietnam: von Hoi An nach Da Nang und über den Wolkenpass

∞  6 September 2009, 20:49

Erlebt am 6. April 2009, vormittags


[ Bilder des Tages: Album ]
[ Landkarte: Die Städte Da Nang und Hue ]


Ich wache auf, es ist 04:20. Regen trommelt aufs Dach, und es hört sich an, als ob die Tropfen Tennisballgrösse hätten. Thinky schläft. Als es nach zehn Minuten immer noch nicht nachlässt, mache ich eine Runde durch das stockdunkle Zimmer, immer in Erwartung, in eine Pfütze zu treten. Aber nichts, alles trocken, auch unter der Eingangstüre. Ich gehe wieder ins Bett.

Um 06:30 klingelt der Wecker. Es regnet immer noch, aber weniger. Ich schaue aus dem Fenster: Das Stückchen Meer, das ich sehen kann, ist schwarz wie Tinte.

Wir gehen frühstücken.


Ferienzeit…


Wieder ein Frühstück für Könige. Diesmal gönne ich mir explizit auch die fetten Waffeln – mit Vanillesauce. Und samt Ananasstückchen, natürlich. Und Zimt. Ich könnte laut stöhnen vor wohligem Vergnügen.
Und über diese göttliche Versuchung hinweg beobachte ich in der Nähe eine Frau in meinem Alter. Sie sitzt mit ihrem Partner am Tisch. Dieser hat mir den Rücken zugewandt und bewegt seinen Oberkörper die ganze Zeit überhaupt nicht. Mir fällt auf, wie grau das Gesicht der Frau ist, wenn sie ihn ansieht. Überhaupt scheint der Blick nach innen gewandt. Sie ist völlig abwesend, und man möchte vermuten, dass ihr eine Beerdigung bevorsteht und kein Ferientag.
Etwas später schaue ich wieder hinüber, und ich erkenne sie erst kaum wieder. Sie lacht wie jemand, der einen gewinnenden Eindruck machen will. Sie lacht nach links. Eine zweite Frau hat sich hinzu gesetzt, und die beiden Frauen unterhalten sich weiterhin lebhaft. Sein Rücken bleibt bewegungslos.
Ich kann mir für diesen Tisch nur auf Grund dieser wenigen Eindrücke hundert Geschichten denken…



Wir checken aus, warten in der Lobby. Von der Reception wird unser Guide zu uns geschickt, fragt uns nach unseren Namen, die wir ihm bitte buchstabieren sollen, obwohl sie gross auf den Unterlagen stehen, die er in den Händen hält. Erst auf Nachfrage erfahren wir, dass er D heisst und uns zwei Tage lang begleitet.

Der Mann ist wütend. Nicht aus einer Laune heraus, sondern als Grundhaltung.

Wenigstens nur zwei Tage, hm.

Laut Kuoni steht heute der Besuch der Marmorberge, des Cham-Museums in Danang, die Fahrt über den Wolkenpass nach Hue, dort der Besuch der Zitadelle, des Kaiserpalastes und die Grabmähler von Tu Doc und Khai Dinh auf dem Programm. Schon zu Hause war ich sehr skeptisch, ob das alles an einem Tag zu schaffen sei, (von der Verarbeitung all der Eindrücke ganz zu schweigen), aber auf meine Nachfrage hin wurde mir versichert, dass dies kein Problem wäre. Alles, was im Programm stehe, könne auch so gemacht werden.

Da wir in Dalat andere Erfahrungen machten, fragte ich damals bei M nach, der mir Tipps gab, was wir wo umstellen sollen, dass wir alles richtig besichtigen können, weshalb wir die Marmorberge auch bereits am 3.4. besuchten, und das Cham-Museum heute streichen. Zudem wollen wir die für Morgen eingeplante Flussfahrt heute machen und die zwei Grabmähler morgen, da wir so keine Wege doppelt fahren müssen. D ist damit einverstanden, will aber nur ein Grabmahl auf morgen verschieben, weil er abends noch nach Danang zurückfahren müsse, und das dann zu spät würde. Aha.

Dann fügt er noch zwei weitere Programmpunkte hinzu: Das Auto muss vollgetankt werden, und er muss die vergessene Jacke zu Hause holen.

Ich gebe ja gerne zu, dass M und T die Latte sehr hoch gelegt haben, aber dass wir gleich vom zehnten Stock in den Keller rasseln, hätte ich doch nicht erwartet.

Inzwischen sind wir in Danang. Während S, der Fahrer, tankt, spazieren wir in der Sonne etwas an der Strandpromenade.




Hier gibt es die einzige drehbare Brücke in Vietnam,




zudem ist es der viertgrösste Hafen, davon sehen wir aber nichts. Eine stark boomende Stadt, wie mir scheint.

Während D seine Jacke holt, beginnt es wieder zu regnen, dann geht es los, Richtung Hai Van – oder eben Wolkenpass. Der ist zwar lediglich 500 m hoch, aber dennoch eine Klimascheide zwischen Nord und Süd. Bei schlechtem Wetter fahren wir den Pass hinauf und halten oben, trinken einen Kaffee. Aus dem Regen wird ein Giessen,




und von einem Moment zum anderen




haben wir überhaupt keine Sicht mehr.




Nach zehn Minuten fahren wir. Kurze Regenpause – Sprühregen – starker Regen – Regenpause, wie in einer Endlosschlaufe.

D muss das Mittagessen in Hue für uns vorbestellen; er fragt mehr sich selbst als uns, wie man als Vegi überhaupt leben kann; das Restaurant weiss es zum Glück bestens.

Es regnet immer noch, aber moderat. Für die Bootsfahrt ist das schade, für die anderen Sehenswürdigkeiten aber nicht unbedingt schlecht, es könnten sich gute Stimmungsbilder machen lassen. Will mich Thinky bloss trösten? Wir nehmen uns jedenfalls vor, alles wirklich richtig anzuschauen, uns nicht drängen zu lassen, schliesslich sind wir mit Regenschutz und Schirm bestens ausgerüstet, heiss ist es auch nicht, sondern richtig angenehm.
Und das mit den Stimmungsbildern könnte hinkommen: Dies ist der Blick zum Meer am Fuss des Wolkenpasses: