Reflexionen

In Wort und Bild gesehen, gedacht und gefühlt
Zum Betrachten, Nachdenken, Mitdenken, Vordenken
Mit Lebenslust ein Leben lang, mindestens


Mongolei 2006 - Tag 6 (1)

∞  4 August 2007, 17:40

Erlebt am 12. Juli 2006, bis Jargalant Sum


Wenn der Schwefel lädt zum Bade



Die ganze Nacht bellen die Hunde. Offensichtlich sind vor allem die besonders scharfen Jungtiere wütend darüber, dass sie ausnahmsweise nachts angebunden bleiben müssen, weil sonst unser allfälliger nächtlicher Pipi-Stopp eine unnötig dramatische Note bekommen könnte…
Nach einem herzhaften Frühstück inmitten von Vorräten







und im Kreis der Familie,



heisst es für uns, und vor allem für Ono, Abschied zu nehmen von den Verwandten, vor allem der Schwester. Wie viele Jahre mag es gehen, bis sie sich wiedersehen?

Man muss genau hinsehen, um zu erkennen, wie schwer der Abschied fällt. Die Menschen sind es gewohnt, das Unabwendbare hinzunehmen und kein Aufhebens darum zu machen.
Wieder werden wir mit versprengter Milch verabschiedet.

Die guten Segenswünsche begleiten uns durch eine üppig bewachsene, aber steinige Flussebene zu ganz nahen Schwefelquellen, von denen uns Thomas schon gestern aus der Erinnerung von seinem ersten Besuch vorgeschwärmt hat. Seine Schilderung des baldigen Bades lässt vor meinen Augen die Aura eines Kurortes aufsteigen, so verführerisch preist er die baldige Dienstleistung an – wäre da nicht das Wort Holzkiste, das er benutzt…

Was wir dann antreffen sind in der Tat recht baufällige Hütten, von denen vor allem die oberen zwei sehr verlottert aussehen… Die Badewannen darin leben fast, so zerfressen vom Rost sind sie, und die Leitungen sind ausgetrocknet, das Holz schimmelt, die Türen lottern. Thinkabouts Wife hat es kommen sehen, dabei will sie eh höchstens duschen, und die behelfsmässige Solardusche, die Thomas dabei hat und installiert, erlaubt es kaum, das Shampoo unter dem Rinnsal wieder aus den langen Haaren zu kriegen – Schwefel scheint da auch nicht gerade die idealen chemischen Reaktionen auszulösen…

Wir andern finden in zwei weiteren etwas weniger klapprigen Blockhütten schliesslich doch noch Badewannen – und das sind eben Holzkisten, die in den Boden eingelassen sind:
Der schwefelhaltige Bach fließt unter den Hütten hindurch und wird von da seitwärts abgeleitet in die einzelnen Wannen, wo das Wasser mit Hilfe eines Holzstöpsels am Abfliessen gehindert wird.



Das Wasser ist richtig heiss und SEHR schwefelhaltig, aber da man am Anfang nur die Füße im Wasser hat, gewöhnt man sich mit steigendem Wasserstand an die Temperatur…



Am Ende wird für mich mongolischen Landstreicher, der ich ja schon fast bin, tatsächlich noch so was wie ein Kuraufenthalt aus meinem kurzen, aber heftigen Badevergnügen…

Still mustere ich im Auto dann auf den folgenden Kilometern immer wieder meine Frau und hoffe auf baldige Besserung ihrer Stimmung. Ich liebe ihr offenes langes Haar und jede graue Strähne darin, und das sage ich ihr dann auch.

Wie mir ihr Lächeln doch das Herz wärmen kann!