Reflexionen

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Mit Lebenslust ein Leben lang, mindestens


Mongolei 2006 - Tag 5 (2)

∞  19 Juli 2007, 23:18

Erlebt am 11. Juli 2006, bei Chuulut Sum


Wie ein Schaf in die Milchkanne kommt


Beinahe hätten wir es gar nicht mitbekommen. Onos Schwester spendet uns ein Schaf und lädt die Familie zum Festmahl ein. Wir sollen in den Genuss einer der berühmtesten Gerichte der Mongolen kommen: dem Schaf in der Milchkanne.

Dazu gehört, dass das Tier erst einmal geschlachtet werden muss. Meine Frau und ich sind seit einigen Jahren schon Vegetarier, aber nicht, weil wir grundsätzlich dagegen sind, dass Lebewesen zu unserem Verzehr getötet werden oder aus religiösen oder anderen ethischen Gründen. Sondern weil der Umgang mit Nutztieren im Westen die Tiere von Lebewesen zu Produktionsfaktoren gemacht hat. Das Problem ist die Industrialisierung der Fleischgewinnung, durch das Gewinnstreben der Wirtschaft begünstigt, durch den hohen Fleischkonsum vielleicht notwendig gemacht – in jedem Fall aber wider die Natur des Tieres, und damit meinen wir nicht die Schlachtung an sich, oder nicht nur – sondern vor allem das Leben davor.

Hier aber sind wir in einer Welt zu Gast, in der ohne das Nutzen der Tiere kein Überleben für Menschen möglich wäre. Und weil das so ist, gehen diese Menschen auch schon anders mit ihren Tieren um. Dafür ist auch die Schlachtung ein Beispiel, von der ich hier erzähle. Wir haben dabei vor allem das Ausnehmen des Tieres, also die Verwertung, ausführlich fotografiert – weil wir im Westen völlig das Gefühl dafür verloren haben. Hier wollen wir nichts davon wissen. Der blutige Job des Metzgers gehört hinter verschlossene Schlachthaustüren. In der Mongolei aber ist die Kunst, ein Tier schnell und damit ohne Stress für das Tier zu schlachten und es optimal auszunehmen, hoch geachtet, und längst nicht jeder beherrscht dieses Handwerk. Wir haben den Vorgang als äusserst hygienisch erlebt, und er wird durchaus mit Ehrfurcht vollzogen und ist Teil eines Festes, das den Verzehr eines Schafes eben nicht zum Alltäglichen und Selbstverständlichen macht, sondern zum Festakt wie in biblischen Zeiten. Trotzdem will ich meine persönliche Deutung dieser Bilder nicht allgemein verbindlich machen, weshalb ich die Bildfolge hiermit in ein Album stelle:
Wer will, darf gerne, ja soll unbedingt unten rechts blättern, wer nicht, lässt es bleiben. Wer ein blutiges Spektakel erwartet, wird allerdings in jedem Fall enttäuscht werden.

Die Tötung des Schafes soll möglichst stressfrei geschehen. Dafür wird ein feiner kurzer Schnitt in die Bauchdecke gesetzt, durch die nach der Hauptschlagader getastet, die dann durchtrennt wird. Dadurch wird die Blutzufuhr im Gehirn unterbunden und das Schaf verliert innert kürzester Zeit das Bewusstsein (dieser Vorgang ist nicht mit Bildern dokumentiert).

Das Aufbrechen und Ausnehmen des Tieres ist Schwerstarbeit, bei der zuerst das Fell vom Tier abgelöst wird, was eine äusserst anstrengende Arbeit ist. Erstaunlich, wie hygienisch sauber alles abläuft. Das Fell bleibt ausgebreitet auf dem Boden liegen und dient als Decke, auf der das Tier geöffnet wird. Die Frauen kümmern sich um Magen und Därme und waschen diese aus – denn aus ihnen werden Häute für Würste oder sie machen die Bevorratung von Nahrungsmitteln möglich. Vom Tier wird alles verwertet, bis auf die Hufe und Teile des Kopfes. Für Verschwendung ist kein Platz.


Den Bug kann ich leider nicht beheben: Im Album ist nur jedes zweite Bild wirklich eines, also einfach weiter klicken (Total 17 Fotos), und Geduld haben, das Laden kann etwas dauern…



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Nun heisst es warten - in der Hütte schmort das Schaf in einer richtigen Milchkanne