Reflexionen

In Wort und Bild gesehen, gedacht und gefühlt
Zum Betrachten, Nachdenken, Mitdenken, Vordenken
Mit Lebenslust ein Leben lang, mindestens


Mongolei 2006 - Tag 22

∞  8 Oktober 2007, 15:43

Erlebt am 28. Juli 2006 – Von Arvayheer zum Sum Khuh Burd Tourist Camp



Jurte, Tempel, Camp




Wir sitzen etwas fröstelnd beim Frühstück… es ist kalt.

Unterwegs stossen wir auf ein Kranichpaar, das uns seinen Balztanz zum Besten gibt. Das weckt bei Thomzek die liebsten Erinnerungen an seine Onzeck, wie er Ono nennt: Wie er sie kennen gelernt hat. Sie war Führerin seiner kleinen Touristengruppe und hat ihren Gästen eines Morgens vorgeführt, wie die Kraniche tanzen würden. Das muss fast so komisch ausgesehen haben wie es uns hier die Tiere in Natura vorführen. Irgendwie nimmst Du auf Reisen solche Begegnungen immer und gerne als ein gutes Omen an.

Diese Vögel treffen wir immer wieder auf unserer Reise, und fast immer sind sie zu zweit: Kranich-Paare bleiben ein Leben lang zusammen und haben meist auch nur ein Junges.

Als wir bei einer Jurte vorbei kommen, lassen wir uns wieder einmal zu einem Besuch überreden. Wir trinken Kumis oder nippen daran – ich werde die Vorsicht vor der gegorenen Stutenmilch bis zum Schluss nicht ablegen – und bin fasziniert von der kleinen hüpfenden Pfeife im Mundwinkel des Gastgebers, und verfolge die knochigen Finger beim Stopfen, als würden mir hier Zeugen die letzten Jahrhunderte erzählen, während das Nesthäkchen der Familie herrlich neugierig ununterbrochen in die Jurte linst.

Was für eine Blumenpracht wir auf dieser Strecke wieder antreffen!



Sie müssen entdeckt werden, die Kleinode, aber jede Blume ist immer wieder ein Wunder.



Wir geniessen denn auch ein ausführliches Picknick, und nehmen uns auch die Zeit, die grosse „Blache“ auszubreiten. Thomas ergötzt sich regelmässig an dieser gut schweizerischen Bezeichnung für eine grosse wasserundurchlässige Plane.



Wiedehöpfe auch hier. Aber nicht alle Zaungäste bleiben von den Menschen unbehelligt.

Ein Marder hatte das Pech, seinen Bau direkt auf der Strasse zu bewohnen, was ein paar Jugendliche mit Motorrädern veranlasst hat, mittels 40 Litern Wasser das Tier ans Licht und von da in die ewigen Jagdgründe zu befördern…

Wehe dem, der ein Fell hat, das begehrt ist…




Kurz darauf begegnen wir einem Mann, der fast ausschliesslich Ausrüstungsgegenstände mit sich führt, die in mongolischer Tradition hergestellt sind – mit Mitteln und Materialien, die hier vorhanden oder gefertigt werden.



Am Nachmittag besuchen wir das Kloster / den Tempel von Erdenedalay.



Wir waren mit Ono schon auf unserer ersten Tour 2003 hier. Viel hat sich nicht verändert: Der Tempel ist immer noch einer der am besten erhaltenen, die wir in der Mongolei je gesehen haben. Aber es muss uns aufgeschlossen werden, damit wir eintreten können. Ein besseres Sinnbild für die beschränkt lebendige buddhistische Kultur gibt es nicht: Das klösterliche Leben will auch mehr als zehn Jahre nach dem Ende der langen Sowjet-Herrschaft nicht so richtig in die Gemäuer zurück kehren. So kommt es uns zumindest vor, auch wenn sich ein Bauer findet, der ein paar Gebete für sich sprechen lässt – und also auch ein Mönch, der seine Gewänder hurtig über sein T-Shirt zieht.

Aber vielleicht ist unsere Vorstellung seit eh zu spirituell verbrämt, und die Mönche hier haben sehr wohl ihre Ausstrahlung – ganz eindeutig werden die Insignien und Räume zumindest zeitweise wieder benutzt.







Auf dem Weg zurück zum Auto stolpern wir fast über einen kleinen Buben, der ganz offensichtlich Verdauungsprobleme hat. Und da meinen wir immer, Montezumas Rache wäre der Unvorsichtigkeit der Touristen vorbehalten. Im Auto mache ich erst mal mit der Karte auf den Knien zusätzliche Punkte per Koordinaten fest – was folgt, ist nämlich die Anfahrt zu einem Touristencamp, das auf der Karte nicht richtig eingezeichnet ist. Wir grenzen den Zielort so gut wie möglich ein…

Unsere nächste Begegnung haben wir mit einem Pferdehirten, der seine Tiere heute schon siebzig Kilometer weit getrieben hat.



Er lässt sich noch so gerne photographieren, als wäre er sich das jeden Tag gewohnt.





Der Mann hat das Talent zum Schauspieler, vor allem aber freut er sich an der Wasserflasche, die wir ihm geben.

Wir sind gut drauf! Wir finden auf jeden Fall das beschriebene Schul-Ferienlager auf Anhieb und in der Nähe auch den See – und das Jurtencamp gibt es auch, und zwei Jurten und ein Zimmer sind frei – als hätten sie hier gerade auf uns noch gewartet. Wir dürfen auch mal Schwein haben. Das Camp ist 15 km früher erreicht, als errechnet, aber es liegt genau in der eingeschlagenen Richtung…
Wir sind glücklich angekommen, aber ein bisschen einsilbig geworden. Müde, die Reise ist lang.



Die Anlage hat Charme. Sie steckt zwischen Verfall, Funktionsfähigkeit und Aufbau, irgendwie. Nicht fertig, aber schon ein bisschen klapprig.



Aber viel anders ist es bei den extremen Witterungsbedingungen übers ganze Jahr gar nicht möglich. Die Dusche auf jeden Fall ist einmalig! Hinter Wellblechwänden versteckt sich der für uns pure Luxus!





Das Personal ist sehr höflich und einsatzfreudig. Wir lassen uns wieder mal erfolgreich bekochen – wie lange ist das her seit dem letzten Mal ?
Und wir geniessen ein wunderbares Gulasch, fast ohne Fett.

Position:
N 46° 09.338‘ E 105° 45.731‘ 1400 müM